Einleitung
KI in der modernen Stadtverwaltung
Die vorliegende Stellungnahme zielt darauf ab, richtungsweisende Impulse für die Entwicklung einer KI-Strategie in der Verwaltung von Potsdam zu setzen. Die Möglichkeiten, die Künstliche Intelligenz (KI) bietet, sind nicht nur faszinierend, sondern könnten sich auch als entscheidend für die Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erweisen. Sei es im Hinblick auf demografische Verschiebungen, Umweltfragen oder die steigenden Erwartungen der Bürger an Effizienz und Dienstleistungsqualität.
Doch mit großem Potenzial kommen auch große Herausforderungen. Es gibt berechtigte Bedenken hinsichtlich Datenschutz, Ethik und potenzieller Auswirkungen einer Automatisierung auf den Arbeitsmarkt. Es ist daher entscheidend, dass die Stadtverwaltung Potsdam diesen Prozess mit Offenheit, Sorgfalt und unter Einbeziehung aller Stakeholder angeht.
Das Ziel ist klar: Potsdam soll eine "Smart City" werden, die ihre Bürger in den Mittelpunkt stellt, indem sie moderne Technologien nutzt, um deren Leben zu verbessern und die Verwaltung effizienter, transparenter und zugänglicher zu gestalten.
1. KI-Innovations-Portfoliomanagement
Im Kontext kommunaler Verwaltungsentwicklungen nimmt das KI-Innovations-Portfoliomanagement eine zentrale Position ein. Die rasche Diversifizierung von KI-Anwendungen und ihre möglichen Auswirkungen auf städtische Abläufe fordern eine rigorose und systematische Bewertungs- und Umsetzungsstrategie. Diese Strategie sollte gewährleisten, dass KI-Initiativen nicht nur in Bezug auf ihre technologische Machbarkeit, sondern auch im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Relevanz, ethische Vertretbarkeit und wirtschaftliche Rentabilität beurteilt werden.
Ein solches Management verfolgt das Ziel, einen integrativen Rahmen zu schaffen, welcher eine fundierte Evaluierung und Priorisierung von KI-Initiativen ermöglicht. Dabei steht die Berücksichtigung multidimensionaler Bewertungskriterien im Fokus. Eine alleinige technologische Herangehensweise wäre nicht zielführend. Es ist essentiell, sowohl technische Aspekte als auch sozio-kulturelle, ethische und wirtschaftliche Dimensionen in den Bewertungsprozess einzubeziehen.
Das KI-Innovations-Portfoliomanagement stellt einen essentiellen Mechanismus dar, um diese Komplexität der Implementierung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz in der kommunalen Verwaltung systematisch zu adressieren.
Ein iterativer Ansatz, bei dem die städtischen Akteure regelmäßig Feedback geben und Anpassungen am KI-Innovations-Portfoliomanagement vorgenommen werden, ist unerlässlich. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Stadt Potsdam proaktiv und reflektiert auf technologische und gesellschaftliche Veränderungen reagiert.
Empfehlung des Digitalisierungsrats:
Der Digitalisierungsrat empfiehlt nachdrücklich, dass die Landeshauptstadt eine Schlüsselposition in Form eines KI-Beauftragten einführt. Dieser Schritt ist für das Jahr 2024 essentiell, vergleichbar mit der Rolle eines Datenschutzbeauftragten, um den Herausforderungen und Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz gerecht zu werden. Die Aufgabe des KI-Beauftragten soll insbesondere das Management des KI-Innovationsportfolios umfassen, um die städtische Verwaltung in der effizienten und verantwortungsvollen Implementierung von KI-Technologien zu unterstützen und voranzutreiben. Darüber hinaus ist es zielführend, entsprechende Haushaltmittel zur Verfügung zu stellen.
2. Mögliche KI-Anwendungsfälle in der Kommunalverwaltung
Im Zuge der fortlaufenden technologischen Entwicklung, insbesondere im Bereich der Künstlichen
Intelligenz (KI), ergeben sich für kommunale Verwaltungen neue Potenziale und Herausforderungen. Die Implementierung und Anwendung von KI-Technologien könnten signifikante Auswirkungen auf die Effizienz, Effektivität und Reichweite städtischer Dienstleistungen haben. In diesem Zusammenhang bietet Potsdam, als eine sich dynamisch entwickelnde Stadt, eine geeignete Plattform für die Untersuchung und Umsetzung von KI-basierten Lösungen.
Es ist dabei wichtig zu betonen, dass KI nicht nur eine Möglichkeit darstellt, bestehende Prozesse zu optimieren. Vielmehr ermöglicht sie auch die Entwicklung innovativer Dienstleistungen und Ansätze, die bisher in der kommunalen Verwaltung nicht realisiert wurden. Dies reicht von der Optimierung infrastruktureller Abläufe bis hin zur Datenanalyse für prädiktive stadtplanerische Maßnahmen. Im Folgenden werden daher relevante Szenarien und Beispiele dargestellt, in denen KI den kommunalen Sektor transformieren könnte:
- Automatisierte Bürgerservice-Hotlines und ChatBots: Ein ständig verfügbarer Dienst beantwortet die gängigsten Anliegen der Bürger sofort und präzise. Dieser Service verarbeitet Anfragen in Echtzeit und entlastet damit das Verwaltungspersonal. Technologisch sollten hierzu LLM (Large Language Models) verwendet werden.
- Prädiktive Analysen: Mithilfe von KI könnten urbane Planungsentscheidungen in Bereichen wie Verkehr, Energieverbrauch oder städtische Grünflächenplanung verfeinert werden. Dies könnte beispielsweise zu vermiedenen Verkehrsstaus, effizienterer Energieverwendung und einer verbesserten Grünraumgestaltung für Erholung und Biodiversität führen.
- Automatisierte Dokumentenverarbeitung: Verwaltungstätigkeiten sind in hohem Maße durch dokumentenbasierte Abläufe charakterisiert. Systeme mit Automatisierungsfähigkeiten könnten Dokumente erfassen, semantisch analysieren und systematisch klassifizieren, wodurch Prozesslaufzeiten reduziert und die Fehleranfälligkeit verringert würden.
- Assistenzsysteme für Fachkräfte: Diese könnten komplexe Daten in verständliche Empfehlungen übersetzen, sodass Entscheidungsträger besser informiert sind. Der Einsatz von Large Language Models (LLMs) sollte insbesondere in der Textbearbeitung und -verarbeitung sowie zur Unterstützung bei Meetings erwogen werden.
- Leichte Sprache: Neben der Umwandlung komplexer Daten in verständliche Empfehlungen, um Entscheidungsträger besser zu informieren, sollte der Einsatz von Large Language Models (LLMs) auch für Übersetzungen, insbesondere in "Leichte Sprache" und die Transformation von "Amtsdeutsch" in allgemeinverständliche Sprache, erweitert werden. Diese Technologie könnte ebenfalls zur Optimierung der Formulierung von amtlichen Schreiben und Bescheiden beitragen, um die Kommunikation zwischen Stadtverwaltung und Bürgern zu verbessern.
- Intelligentes Energiemanagement und Temperaturregulierung im Fernwärmenetz: Mit KI könnten öffentliche Gebäude ihren Energieverbrauch optimieren, was Kosten spart und die CO2-Bilanz der Stadt verbessert. Ebenso könnte mittels KI-gestützter Temperaturregulierung im Fernwärmenetz die Effizienz gesteigert werden.
- Automatisierte Erkennung von Infrastrukturschäden: Sensoren an städtischen Fahrzeugen könnten Schäden an Straßen und Gebäuden automatisch erkennen und melden.
Diese beispielhaft vorgestellten Anwendungsszenarien unterstreichen die potenzielle Relevanz von Künstlicher Intelligenz im kommunalen Kontext. Die Nutzung von KI-Technologien durch die Verwaltung verspricht, Prozesseffizienz und Bürgerservice zu verbessern. Jedoch ist es essentiell, sich bewusst zu sein, dass eine erfolgreiche Implementierung einen tiefgreifenden Planungs- und Evaluationsprozess voraussetzt.
Empfehlung des Digitalisierungsrats:
Der Digitalisierungsrat empfiehlt, dass die Landeshauptstadt Potsdam im Jahr 2024 zwei
spezialisierte Large Language Models (LLMs) implementiert: ein internes und ein externes LLM. Das interne LLM, entwickelt unter strengen Datenschutzrichtlinien, soll städtische Daten für die Mitarbeiter zugänglich machen, um interne Prozesse und Entscheidungsfindungen zu optimieren. Parallel dazu empfehlen wir die Einrichtung eines externen LLM, das öffentliche Daten, insbesondere aus dem Ratsinformationssystem, integriert. Dieses öffentlich zugängliche LLM, eingebettet auf der städtischen Webseite, ermöglicht es Bürgern, interaktiv und effizient Informationen zu städtischen Angelegenheiten zu erfragen und erhöht so die Transparenz und Bürgerbeteiligung.
3. Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren für den KI-Einsatz
Die Integration von Künstlicher Intelligenz in kommunalen Strukturen und Prozessen ist ein tiefgreifendes Unterfangen, das organisatorische, soziale, ethische und infrastrukturelle Aspekte umfasst. Die Einführung von KI in der Verwaltung der Stadt Potsdam setzt eine umfassende Sensibilisierung und Bildung aller beteiligten Akteure sowie klare Leitlinien, die den verantwortungsbewussten Einsatz dieser Technologie steuern.
Voraussetzungen
- Bildung: Es sollte in Schulungen investiert werden, um sicherzustellen, dass sowohl das Verwaltungspersonal als auch die Bürger über die Technologie informiert sind. Beide Zielgruppen sollten getrennt voneinander betrachtet werden.
- Richtlinien: Bestehende Leitlinien für den Einsatz von KI im öffentlichen Sektor, wie sie von der EU entwickelt werden, sollten als Grundlage dienen. Diese bieten einen fundierten und ethisch abgestimmten Rahmen für den verantwortungsvollen Einsatz von KI.
- Technische Infrastruktur: Investitionen in Daten und Dateninfrastrukturen, Hardware, Software und Netzwerkinfrastruktur sind erforderlich, um KI-Projekte zu unterstützen. Zudem ist ein integriertes Datenmanagement als zentrale Voraussetzung für KI-Projekte hervorzuheben, und entsprechende Haushaltsmittel sollten bereitgestellt werden.
Erfolgsfaktoren
- Engagement der Führungsebene: Ohne Unterstützung der fünf Geschäftsbereiche innerhalb der LHP und deren Mitarbeiter werden KI-Initiativen wahrscheinlich auf Widerstand stoßen.
- Überwachung und Anpassung: Die KI-Systeme sollten ständig überwacht und angepasst werden, um sicherzustellen, dass sie den gewünschten Nutzen bringen.
Es sei zudem hervorgehoben, dass die volatilen Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz eine kontinuierliche Reevaluation der etablierten Rahmenbedingungen und der definierten Erfolgsfaktoren erfordern. Technologische Fortschritte, gesellschaftliche Paradigmenverschiebungen und organisatorische Neuausrichtungen unterliegen einem unentwegten Wandel. Vor diesem Hintergrund obliegt es der Stadt, adaptiv auf solche Veränderungen zu reagieren und strategische Ansätze kontinuierlich zu rekalibrieren.
Empfehlung des Digitalisierungsrats:
Der Digitalisierungsrat empfiehlt die Entwicklung von Formaten, die sowohl die Verwaltungsmitarbeiter als auch die Stadtgesellschaft in die dynamische Entwicklung im Bereich Künstliche Intelligenz aktiv einbeziehen. Veranstaltungen wie der Schinkelhallentalk, interaktive Räume wie das Potsdam Lab und weitere Veranstaltungsformate sollten genutzt werden, um das Thema KI im Jahr 2024 umfassend in der Stadtgesellschaft zu verankern. Dabei kann der Digitalisierungsrat seine Fachkenntnisse einbringen, um die Relevanz und das Verständnis von KI zu fördern.
4. Einbindung des Digitalisierungsrates und Ausblick
Die Integration von Künstlicher Intelligenz in kommunale Strukturen stellt einen Paradigmenwechsel in der Verwaltungsgestaltung und Bürgerinteraktion dar. Während die initialen Vorteile wie Effizienzsteigerung und Optimierung von Arbeitsprozessen offensichtlich sind, eröffnet die KI auch Möglichkeiten für innovative Bürgerservices, prädiktive Analysen und datengestützte Entscheidungsfindung. Diese Potenziale gehen weit über die klassischen automatisierten Systeme hinaus und können dazu beitragen, die städtische Verwaltung in Potsdam in eine Ära der dateninformierten und bürgerzentrierten Dienstleistungen zu führen.
Gleichwohl ist es unerlässlich, die rasche technologische Entwicklung und die damit verbundenen Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf Ethik, Datenschutz und Governance, kontinuierlich zu überwachen. Durch ein proaktives Vorgehen und eine vorausschauende Planung kann Potsdam sicherstellen, dass es nicht nur auf potenzielle Risiken reagiert, sondern auch zukünftige Chancen im KI-Bereich antizipiert und nutzt.
Es ist wesentlich, dass der Digitalisierungsrat in die Entwicklungen einbezogen wird, um Stellungnahmen zu verfassen und richtungsweisende Impulse zu geben. Jedoch sollte aufgrund seiner ehrenamtlichen Natur seine Rolle nicht als zentral, sondern unterstützend betrachtet werden. Die Hauptverantwortung und zentrale Steuerungsfunktion in Bezug auf KI-Initiativen sollte dem neu zu installierenden KI-Beauftragten obliegen, um eine effiziente und zielgerichtete Umsetzung zu gewährleisten.
Downloads
- Stellungnahme des Digitalisierungsrates vom 25.01.2024 - Impulspapier zu Künstlicher Intelligenz in der Landeshauptstadt Potsdam