An der Breiten Straße

Von der Westseite des Stadtschlosses ausgehend und parallel zu dessen Bau legte der Holländer Langelaer 1668 eine Allee an, die ursprünglich bis nach Golm reichte. 1671 beginnend, wurde diese Allee als "kurfürstliche Freiheit" bis hin zum Neustädter Tor bebaut. Erst 1721 kam der Teil bis zur Neustädter Havelbucht hinzu. Friedrich II. ließ in der nun schon Breite Straße genannten Allee repräsentative Häuser errichten, deren Fassaden er zum Teil selbst entwarf. Teile der Breiten Straße wurden 1945 zerstört. 1972/73 schließlich erfolgte eine Verlängerung der Straße bis zur Zeppelinstraße, wobei Teile der Neustädter Havelbucht zugeschüttet wurden.

Filmmuseum Potsdam

"Was aber seh’ ich hier? Zunächst dem Schlosse stehet / Der königliche Stall, so des Beschauens wehrt, / Indem die Baukunst ihn nicht nur allein erhöhet; …“ Bellamintes Bericht stammt aus der Zeit, als Friedrich Wilhelm I. aus einer Orangerie einen Pferdestall gemacht hatte. 1685 ließ Kurfürst Friedrich Wilhelm neben dem Stadtschloss eine Orangerie, das sogenannte Pomeranzenhaus, als Winterquartier für seine südländischen Gewächse errichten. 1714, als ein Teil des Lustgartens in einen Exerzierplatz umgewandelt wurde, traf es auch die Orangerie. Hier wurde "so manch gewandtes Pferd“ untergestellt, "Das gleichsam Flügelwerk an seinen Füssen träget“, wusste Bellamintes zu rühmen. Friedrich II. beließ es beim Marstall, ließ diesen jedoch 1746 umbauen und um ein Drittel erlängern. Bis 1922 wurde der Bau als Pferdestall genutzt. Danach beherbergte das Haus ein Garnisonsmuseum sowie Ausstellungen des Potsdamer Kunstvereins. Im Krieg schwer beschädigt, gab der notdürftig reparierte Marstall danach dem Städtischen Museum Ausstellungsräume. 1977 begannen umfangreiche Restaurierungsarbeiten, ausgeführt von polnischen Bauarbeitern. Der Marstall wurde zum Filmmuseum, das er heute noch ist. Hinter dem Filmmuseum in der Schlossstraße steht das Denkmal für Friedrich Wilhelm Baron von Steuben (1730-1794). Der ehemalige Adjutant im Stab Friedrichs II. und spätere badische Oberst wurde 1777 auf Wunsch Washingtons der erste Generalinspekteur des amerikanischen Heeres in der Zeit des Unabhängigkeitskrieges gegen England und erwarb sich bleibende Verdienste.

Eingangssituation zur Breiten Straße, Schlossstraße 13 und 14

Friedrich II. machte es sich zur Aufgabe, die barocken Typenbauten seines Vaters durch eindrucksvollere Gebäude zu ersetzen und so Potsdam mehr Glanz zu verleihen. Bei Friedrich Nikolai lesen wir in der „Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam ...“ aus dem Jahr 1786, dass die Eingangshäuser zur Breiten Straße die ersten Gebäude gewesen sein sollen, die Friedrich nach seiner Thronbesteigung in Potsdam habe erbauen lassen. Gemeint sind die Häuser Schlossstraße 13 und 14 (das heutige Spielcasino). Errichtet wurden beide Gebäude auf älteren Fundamenten 1748 von Knobelsdorff als bürgerliche Wohnhäuser nach seinen Entwürfen für die westliche Lustgartenseite. Besitzer des Hauses Nummer 13 war beispielsweise 1895 der Hofarzt Dr. Stolte, 1938 befand sich dort eine Generalagentur der Versicherungsgesellschaft Allianz. In der Schlossstraße 14 existierte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Restaurant "Zum Lustgarten".

Langer Stall

"Das grosse Reit-Haus wird hier einen Raum verdienen ...“, sagt Bellamintes und verweist damit auf ein Gebäude neben der Garnisonkirche, von dem nur noch die Fassade steht. Um ein Exerzieren auch bei schlechtem Wetter zu ermöglichen, ließ Friedrich Wilhelm I. zwischen der Breiten Straße und der heutigen Yorckstraße einen Fachwerkbau von 120 Metern Länge (andere Quellen 150 m) und 18 Metern Breite errichten, der fortan seinen und den Soldaten seiner Nachfolger als Exerzierplatz diente. 1781 ließ Friedrich II. von seinem Architekten Unger eine Fassade für das Exerzierhaus bauen, 22,5 m hoch, 23 m breit und 4 m tief. Während der eigentliche Lange Stall 1945 zerstört wurde, blieb die Schaufassade erhalten und wurde 1983/84 restauriert.

Garnisonkirchturm

Am 1. Januar 1722 wurde in Potsdam die erste Hof- und Garnisonkirche eingeweiht. Sie war aus Fachwerk und trug nur einen kleinen Dachreiter. Dennoch dichtete Bellamintes: „Hier winket mir der Thurm auf jenem Kirch-Gebäude, / Wo die Besatzung sich zu Gottes Füssen setzt, / Und wo der König selbst, an der beliebten Weide / Und angenehmen Kraft des Wortes, sich ergötzt.“ Auf sumpfigem Boden gebaut, sackte die Kirche 1730 ein und wurde abgebrochen. Der Architekt Philipp Gerlach (1679-1748), der bereits den Vorgängerbau und die Stadtkirche St. Nikolai gebaut hatte, bekam den Auftrag für einen massiven Neubau. Mit der Errichtung wurde 1731 begonnen, ein Jahr später war die Kirche fertig, 1735 auch der Turm. Ein 35-stimmiges Glockenspiel aus den Niederlanden, das bereits in der alten Kirche gehangen hatte, wurde – um fünf  Glocken erweitert – erneut aufgehängt. Seit 1797 erklang zu jeder vollen Stunde „Lobe den Herrn“ und zur halben Stunde das berühmte „Üb’ immer Treu und Redlichkeit ...“ 1740 wurde Friedrich Wilhelm I. in der Gruft der Kirche beigesetzt, 1786 auch – gegen seinen erklärten Willen – Friedrich II. Sowohl Zar Alexander (1805) als auch Napoleon I. (1806) besuchten die Gruft. Am 21. März 1933, dem sogenannten „Tag von Potsdam“ zelebrierten Reichskanzler Adolf Hitler und Reichspräsident von Hindenburg in der Kirche das Bündnis zwischen deutschem Faschismus und preußischem Militär. Während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. wurden drei große Kirchen in Potsdam neu gebaut: die Stadtkirche St. Nikolai (1721-1724, im 19. Jahrhundert neu), die Heiligengeistkirche (1726-1728, 1945 zerstört) und die Garnisonkirche (1730-1735). Alle drei Kirchen standen in west-östlicher Richtung nahezu in einer Linie, überragten mit ihren beinahe 90 Meter hohen Türmen die nicht sehr große Stadt und bildeten damit ein einzigartiges städtebauliches Ensemble.

Die Potsdamer Hof- und Garnisonkirche wurde 1945 ein Opfer der Bomben, die Reste wurden 1968 abgetragen. Der Garnisonkirchturm wird seit 2017 wieder aufgebaut und soll voraussichtlich 2024 eröffnet werden.

Großes Militärwaisenhaus

Nach dem Vorbild der Franckeschen Stiftung in Halle, die Friedrich Wilhelm I. 1713 und 1720 besucht hatte, wurde zwischen 1722 und 1724 das erste Militärwaisenhaus in Potsdam errichtet. Es war für die Unterbringung, Versorgung und Ausbildung von Nachkommen gefallener, verstorbener oder außerordentlich armer Soldaten gedacht, zunächst für Jungen, ab 1725 auch für Mädchen, insgesamt für 600 Kinder. Über den ersten dreiflügligen Bau aus Fachwerk und Steinen dichtete Bellamintes: "Es gleichet solches Haus den größten Pracht-Palästen / Und gehet manchem noch an Raum und Ordnung für“. Vom König wurde das Haus zunächst mit Besitzungen für die Versorgung mit Nahrungsmitteln ausgestattet. Darüber hinaus trat das Waisenhaus „auf  königliche Kosten“ selbst als Unternehmer auf. Ab 1725 war es u. a. Eigentümer der größten staatlichen Tuch- und Zeugmanufaktur, des Berliner Lagerhauses, und eines Bergwerkes in Freienwalde. Daneben wurden die Zöglinge zur Arbeit außerhalb des Hauses vermietet, so zum Beispiel an die Gewehrfabrik – 50 Knaben mit einer Arbeitszeit von bis zu zehn Stunden – und an Tuchmanufakturen. 1740 zählte das Haus 1400 männliche und 155 weibliche Zöglinge. In den Jahren 1771 bis 1777 wurde das Große Militärwaisenhaus auf Befehl Friedrichs II. völlig umgebaut. Auf den alten Fundamenten entstand nach Entwürfen Gontards eine in sich geschlossene vierflügelige Anlage. Begonnen wurde an der Breiten Straße, an der Lindenstraße entstanden ein meisterliches Treppenhaus und der Turm (Monopteros) mit der Caritas. In der Folgezeit teilweise straff an militärischen Organisationsformen ausgerichtet, wurde das Waisenhaus erst 1919/20 im Gefolge des Versailler Vertrages zivil verwaltet. 1933/34 war es "Nationalpolitische Erziehungsanstalt“, 1937 wurde es der Wehrmacht unterstellt. 1945 wurden Teile des Hauses, darunter der Monopteros, zerstört. Nach 1945 diente der Komplex als Kinderheim, später als Bürogebäude und Internat der Pädagogischen Hochschule. Nach umfangreichen Rekonstruktionsarbeiten in den letzten 20 Jahren konnten der Monopteros wieder hergestellt und im Jahr 2004 eine Figur, die Caritas symbolisierend, wieder aufgesetzt werden. Zögling des Militärwaisenhauses war zu Beginn des 19. Jahrhunderts auch Eleonore Prochaska.

Hiller-Brandtsche Häuser, Breite Straße 26/27

Zu den individuellen Bürgerhäusern mit Palais-Fassaden, die Friedrich II. auf eigene Kosten errichten ließ, gehören auch die Hiller-Brandtschen Häuser. Benannt sind sie nach ihren Nutzern, dem Kaufmann Johann Friedrich Hiller und dem Schneidermeister Johann Gebhardt Brandt. Der Entwurf für die Fassade stammt von Unger, der sich eng an die Planungen des damals berühmten englischen Architekten Inigo Jones (1573-1652) für Whitehall Palace in London anlehnte. Dieser wiederum hatte eine Anleihe beim italienischen Renaissance-Architekten Andrea Palladio genommen. Von Bedeutung ist, dass die Gebäude unmittelbar gegenüber dem Waisenhaus und in Korrespondenz zu diesem errichtet worden sind. In den viergeschossigen Häuserteilen wohnten jeweils die Besitzer, während der dreigeschossige Mittelbau für die einquartierten Soldaten bestimmt war. Das Haus muss sowohl den Bauherrn Friedrich II. als auch die Potsdamer Bürger so beeindruckt haben, dass Unger danach noch weitere 300 Wohnhäuser sowie zahlreiche öffentliche Bauten in Potsdam errichten durfte. Whitehall Palace indes wurde nie gebaut.

Ständehaus, Breite Straße 13

Dieses Haus wurde 1770 von Unger für Landstände errichtet. Es gehört zu den baukünstlerisch wertvollen Gebäuden der Innenstadt, da seine ruhige Pilastergliederung bereits auf den späteren klassizistischen Baustil verweist. Das Haus enthielt die Wohnung des Kreissteuereinnehmers und Tagungsräume der Landräte. Über der mittleren Achse des Hauses sind Figuren aufgesetzt, die „Reichtum“ (Ceres) und „Gerechtigkeit“ (Justitia) darstellen. Wegen der Verlegung der Landstände an andere Orte war das Gebäude seit 1815 Wohnhaus, nach Kriegsbeschädigung und Restaurierung ab 1960 Museum. Heute beherbergt das Ständehaus das Potsdamer Naturkundemuseum mit einer Ausstellung zur Tierwelt Brandenburgs, einem Schauaquarium „Fische Brandenburgs“ sowie Sonderausstellungen. Als erstes Haus in der Breiten Straße hat es einen nach historischem Vorbild gestalteten Vorgarten.

Obelisk

Das erste Neustädter Tor wurde 1722 gebaut und schloss die erste Stadterweiterung nach Westen hin ab. Ein zweites Tor wurde 1753 vom Architekten Knobelsdorff geschaffen. Es lag in einer Sichtachse des Stadtschlosses und war entsprechend repräsentativ gestaltet. Zwei Obelisken begrenzten die Straße. Nur einer blieb nach 1945 erhalten und wurde 1981 in der Nähe des ursprünglichen Standortes wieder aufgestellt. Die Hieroglyphen wurden nach künstlerischen Gesichtpunkten ausgewählt, ihre Bedeutung war damals noch nicht entschlüsselt.

"Moschee"

Fremdartig erscheint das Dampfmaschinenhaus an der Neustädter Havelbucht dem Betrachter. Friedrich Wilhelm IV. ließ es 1841-1843 von Ludwig Persius errichten "Nach Art der türkischen Moscheen mit einem Minarett als Schornstein“, diente es der Versorgung der Wasserspiele im Park Sanssouci. Die stärkste damals in Preußen gebaute Dampfmaschine des jungen Unternehmers August Borsig leistete 81,4 PS. Als sie im Oktober 1842 erstmals in Betrieb ging, ließ sie den Wasserstrahl der großen Fontäne vor Schloss Sanssouci auf 38 Meter steigen. Heute ist sie ein technisches Denkmal, jedoch voll funktionsfähig.

Kiezstraße

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts bestand an dieser Stelle eine Siedlung vornehmlich slawischer Fischer. 1349 als "Kytz zu Postamp" urkundlich erwähnt, kam das Areal erst 1721 zu Potsdam. Ihre heutige Form erhielt die Kiezstraße durch nach 1777 errichtete Rokoko-Bauten. In der Kiezstraße 10 wurde 1844/45 durch den Architekten Persius ein Saalbau für die Freimaurerloge "Minerva" errichtet.

Neuer Lustgarten

Südwestlich des Stadtschlosses zwischen Breiter Straße und Havel lag einst der zum Schloss gehörende Lustgarten. Er war der älteste Garten der Stadt und unterlag häufig gartenkünstlerischen Veränderungen, darunter auch durch Lenné 1818. Auf einem Plan von 1829 sind das Neptun-Bassin, barocke Wegeachsen und Baumalleen/-haine eingezeichnet. Nach den Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg und im Zuge der Umgestaltung der Innenstadt entstanden auf diesem Gelände ein Stadion und ein Hotel. Im Zusammenhang mit der Bundesgartenschau 2001 wurde der Versuch einer Annäherung an den historischen Grundriss unternommen. Neben einem großen Festplatz direkt an der Straße umfasst der Neue Lustgarten heute interessante Gartenzimmer, Lindenhaine und eine Hopfengalerie als Ersatz für die den Garten einst südlich abschließende Orangerie. Wieder freigelegt wurde das Neptun-Bassin, 1701 als Hafen für die königlichen Lustschiffe gebaut und erst 1750 von der Havel abgetrennt. Es enthält Reste der Neptun-Gruppe, die einst das Becken schmückte. Im Lustgarten befindet sich auch das Karl-Liebknecht-Forum mit der Plastik "Herz und Flamme der Revolution" (1983, Theo Balden), die von der Breiten Straße hierher versetzt wurden. Auch der Hafen der Weissen Flotte Potsdam wurde zur BUGA 2001 neu gestaltet.

"Ringerkolonnade"

Als 1745 bis 1751 das Potsdamer Stadtschloss nach dem Willen Friedrichs II. von Knobelsdorff umgebaut wurde, erhielt der Raum zwischen dem Marstall und dem Schloss eine Kolonnade, die nach den sie schmückenden Figurengruppen „Ringerkolonnade“ genannt wurde. Noch erhaltene Reste dieses Bauwerks wurden 1970 am Hafen aufgestellt. Seit 2016 steht die Ringerkolonnade wieder an ihrem historischen Platz. Sie reicht jedoch nicht bis an den Marstall und auch nicht bis an das Landtagsgebäude heran.

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Das Bild zeigt ein historisches Foto der Breiten Straße in Richtung Garnisonkirche um 1912. (Unbekannter Fotograf, Potsdam Museum)
© Das Bild zeigt ein historisches Foto der Breiten Straße in Richtung Garnisonkirche um 1912. (Unbekannter Fotograf, Potsdam Museum)

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Bittschriftenlinde

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Dorfkirche und Friedhof Bornstedt

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