Urhuhn, Manfred Rößler, 1986/87

Ein besonderer Vogel macht sich in der Schlaatzer Welle breit: das Urhuhn. Wie einen schützenden Panzer breitet das Geschöpf seinen massiven Körper aus Keramik aus. In einem bogenartigen Innenraum können tummelnde Kinder ihre Höhle finden, Mutige erobern es sich kletternd. Schaut man genauer hin, kann man die Merkmale eines Huhnes ausmachen. So biegt sich die Rückenhülle etwas auf und deutet dezent den Schwung der Schwanzfedern an. Im Gegensatz zu seinen Artgenossen, welche durch lautes Gackern und zackige Bewegungen Aufmerksamkeit erregen, blickt das Urhuhn starr in die Ferne. Der spitze Schnabel zeigt stumm in die Gegend und der kleine Kamm erhebt sich kaum sichtbar. Die Masse, mit der das überdimensionierte Urhuhn auf der Wiese sitzt, strahlt die gesetzte Ruhe einer brütenden Glucke aus, doch wird dieses wohl keine Küken ausbrüten, sondern vor Freude kreischende Kinder aus seinem Inneren entlassen. Die strukturierte Oberfläche aus verschieden großen Keramikplatten zeigt Facetten und Furchen, die an Fossilienabdrücke erinnern. Das Federkleid wird somit zum Geschichtenerzähler vergangener Zeiten.

Der Keramiker, Maler und Grafiker Manfred Rößler (*1935) schuf das Urhuhn als Spiel- und Kletterfigur eigens für den an der gleichen Stelle geschaffenen Spielplatz. Nach der Umgestaltung in den Jahren 2001 bis 2002 wurde dieses Spielobjekt wieder in die Anlage integriert. Auffallend korrespondieren Funktion sowie Material- und Farbwahl des Urhuhns mit den anderen Keramikobjekten, welche sich in die Wege- und Spielplatzgestaltung der Schlaatzer Welle einfügen. Erscheint das Urhuhn einerseits schwer und massiv, kann man beim Wechseln der Perspektive ebenso die Leichtigkeit jenes seltsamen Vogels entdecken. Doch beschäftigte den Künstler darüber hinaus eine ganz andere Problematik. Mit Witz beantwortet Manfred Rößler auf seine Art und Weise eine uralte philosophische Frage: Was war zuerst da, das Ei oder das Huhn? Das Urhuhn!