Zum wiederholten Mal überschatten die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf dramatische Weise den vorweihnachtlichen Alltag aller Bürger*innen und Bürger – so auch in unserer Landeshauptstadt Potsdam. Die Inzidenzwerte erreichen täglich Rekordhöhen, Wissenschaftler*innen und Ärztin*innen warnen unermüdlich vor verheerenden Folgen eines leichtfertigen Umganges mit dem Virus und die Regierung appelliert offen an Solidarität und Verantwortungsgefühl der Bürger*innen – ein Appel, dem glücklicherweise viele folgen.
Doch es gibt auch Gruppen, die die Herausforderungen der Pandemie verharmlosen und die dramatische Lage für eigenen politischen Profit ausnutzen. Dies ist eine weitere Schattenseite der Pandemie, eine Auswirkung, die unsere Gesellschaft nicht nur gesundheitlich, sondern auch moralisch auf die Probe stellt: In der Bundesrepublik Deutschland wird die Pandemie von Anfang an von rechtsoffenen, verschwörungsideologischen Versammlungen und Protesten begleitet, welche sich gegen die Eindämmungsmaßnahmen richten.
Extrem rechte Akteur*innen nutzen die epidemische Lage von nationaler Tragweite für Selbstinszenierung und suchen Verbündete in verschwörungsaffinen Kreisen von
Friedenswächter-, Heilpraktiker- und Impfgegner*innen. Dazu haben wir uns als Bündnis! Potsdam bekennt Farbe bereits im März 2021 in einer Pressemitteilung positioniert und uns öffentlich für Abstand von Verschwörungsideologien und Haltung gegen Menschfeindlichkeit bekannt.
In Potsdam fielen die Versammlungen rechtsextremer Akteur*innen im Kontext der Corona-Pandemie eher rar aus und hatten keine große Tragweite – die Potsdamer AFD zog es vor, entsprechende Versammlungen in anderen Städten zu besuchen. Dies sprach und spricht für unsere reflektierte, solidarische Stadtgesellschaft.
Leider hat sich die Lage in Potsdam auf dem Hintergrund dramatischer Pandemieentwicklung und unvermeidbarer Eindämmungsmaßnahmen diesbezüglich zugespitzt. Mit Anschluss zur Gruppe „Nicht ohne uns“, die sich aus Akteur*innen der sogenannten „Montagsmahnwachen“ am Brandenburger Tor und offenkundig extrem rechten Akteur*innen speist, hat der AfD-Kreisverband Potsdam in dieser Woche eine mehrtägige „Mahnwache“ gegen die Eindämmungsmaßnahmen vor dem Landtag am Alten Markt angekündigt. Der Brandenburger AfD-Bundestagsabgeordnete René Springer, der Landtagsfraktionschef Hans-Christoph Berndt und der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Dennis Hohloch, sind als Organisatoren angemeldet. Die Aktion wird großflächig in sozialen Netzwerken beworben.
Wir als Bündnis Potsdam! Bekennt Farbe möchten zu diesen sogenannten „Mahnwachen“ der AfD erneut klar Stellung beziehen:
Solche menschenfeindlichen, verschwörungsideologischen und mit Sicht auf aktuelle Pandemielage vollkommen unverantwortlichen Aktionen haben in unserer Stadt keinen Platz und verdienen jeden Abstand und jede Missachtung, die unsere Potsdamer Stadtgesellschaft aufbringen kann. Sich durch die Verharmlosung der realen Krankheit und deren verheerenden Wirkung mit den Statements in die Szene zu setzen, die jeder Plausibilität und Fachlichkeit entbehren, ist verachtenswert. Die eigene politische Agenda mit unreflektierten unsäglichen Gleichsetzungen der Eindämmungsmaßnahmen mit den Massenverbrechen der Nationalsozialisten zu schmücken, während bundesweit auf Intensivstationen im gesamten Land täglich an der Kapazitäts- und Belastungsgrenze um das Leben Tausender Corona-Erkrankten gekämpft wird, ist inakzeptabel.
Aufgrund des Pandemie-Verlaufs verzichten wir als das Bündnis „Potsdam! bekennt Farbe“ in dieser Woche auf eigene Gegenproteste, um jede Art der Menschenversammlung zu vermeiden, die potentiell das Infektionsgeschehen begünstigen können. Gleichwohl begrüßen wir Mitglieder des Bündnisses einen gewaltfreien, individuellen, kreativen und Corona-kompatiblen Protest gegen diese aus unserer Sicht inakzeptablen rechtsoffenen, verschwörungsideologischen Versammlungen ausdrücklich.
Wir richten unseren Appell an die Landeshauptstadt Potsdam, die Mitglieder des Bündnisses dabei zu unterstützen. Potsdam ist eine weltoffene Stadt, in der keine Form von Rechtsextremismus toleriert wird. Potsdam ist eine Wissenschaftsstadt, in der es keinen Platz für Verschwörungstheorien und Falschinformationen gibt. Potsdam ist eine bürgernahe Stadt mit einer reflektierten solidarischen Stadtgesellschaft, die sich gemeinsam dem Kampf gegen die Pandemie stellt - durch verantwortungsvolles solidarisches Handeln, mit Abstand, Haltung und Verstand.