Kolumne der Woche: Reformationsjubiläum - Stadt trifft Kirche

Oberbürgermeister Jann Jakobs
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Oberbürgermeister Jann Jakobs

30. Oktober 2016

Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,

die evangelischen Christen feiern am Montag den Reformationstag – nicht nur in der Landeshauptstadt, sondern überall. Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen, um auf die Missstände in der römisch-katholischen Kirche aufmerksam zu machen. Dieses Ereignis markierte den Beginn der Reformation, die zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen im deutschen Staatenverbund führte. Luther hat damit umfangreiche Veränderungen begründet, die bis in die Gegenwart fortwirken.

Die Reformation war der Beginn der Aufklärung in Deutschland. Bundesweit wird in den kommenden zwölf Monaten mit zahlreichen Veranstaltungen des 500. Jubiläums der Reformation gedacht. Einen Höhepunkt bildet der 39. Deutsche Evangelische Kirchentag Berlin – Wittenberg vom 24. bis 28. Mai. Er wird auch auf Potsdam ausstrahlen. Kulturland Brandenburg hat das Reformationsjubiläum für 2017 zum Themenschwerpunkt definiert. Gleiches gilt für die Arbeitsgemeinschaft Städte mit historischen Stadtkernen, die sich dem Thema „Prediger und Bürger - Reformation im städtischen Alltag“ stellt. Und wir wollen dem nicht nachstehen: mit dem Jahresthema „Stadt trifft Kirche“.

Potsdam verfügt nicht über authentische Luther-Stätten, wie beispielsweise Wittenberg, Eisenach oder Erfurt. Gleichwohl ist die lutherisch-evangelische Kirche die wichtigste Glaubensrichtung in der Stadt. Rund 14 Prozent der Bevölkerung gehören einer evangelischen Kirchengemeinde an. Kirchengemeinden aller Konfessionen sind für das gesellschaftliche Leben unserer Stadt sehr wichtig. Ihr Anteil an der kulturellen Vielfalt Potsdams ist unbestritten.

Kirchengebäude haben eine stadtbildprägende Wirkung, wenn man nur allein auf den Alten Markt, den Eingang zum Park Sanssouci, das Dorf Bornstedt, den Weberplatz oder den Sacrower See blickt. Die Friedenskirche, die Bornstedter Kirche und die Kirche von Sacrow gehören zum UNESCO-Welterbe der Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin. Kirchen stehen als Orte der Toleranz und Integration, deren aktuelle Relevanz höher denn je ist. Als Beispiele seien hier die Kirche von Nattwerder, die Französische Kirche und die Friedrichskirche angeführt. Nicht zuletzt stehen Kirchen für den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft.
Potsdam wird sich 2017 dem Thema „Stadt trifft Kirche“ zuwenden. Das Reformationsjubiläum dient als Anlass, dass sich Kirche (hier als Synonym für Gemeinden, Religionen und Gebäude) und Stadt (hier als Sammelbegriff für Stadtbevölkerung, Institutionen, Vereine) einmal stärker miteinander auseinandersetzen. Der Veranstaltungskalender für das kommende Jahr ist sehr gut gefüllt. Er enthält auch Formate von Akteuren, die scheinbar nicht zusammenpassen, wie zum Beispiel das Rechenzentrum und die Nagelkreuzkapelle oder eine moderne Luthermesse, die Chor, Orchester und Rockband zusammen aufführen.

Am Reformationstag wird in vielen Kirchen der Bedeutung des Thesenanschlages vor 499 Jahren gedacht. Schon seit Mitte Oktober ist im Bildungsforum die Ausstellung „Weltreligionen – Weltfrieden – Weltethos“ zu sehen, die durch ein Begleitprogramm zum Thema „Anders als du glaubst“ ergänzt wird. Dabei wird die Frage nach gemeinsamen ethischen Werten und Maßstäben der Religionen und philosophischen Traditionen gestellt.

Die Beantwortung dieser Fragestellung in einer bunten und vielfältigen Stadt wie der unsrigen ist enorm wichtig, wenn Integration und Zusammenleben funktionieren sollen. Schauen Sie sich die Veranstaltungen an. Es lohnt sich.

Ihr
Jann Jakobs