Sex and Crime oder der etwas andere Jahresrückblick

Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,

seit einem Jahr schreibe ich nun auf der Homepage der Landeshauptstadt meine wöchentliche Kolumne. Dafür gilt es jede Woche, sich ein besonderes Thema auszusuchen und darüber zu sprechen. Das ist grundsätzlich nicht schwer, so vielfältig sind die Ereignisse in Potsdam. Doch vor meiner letzten Kolumne dieses Jahr habe ich mich dem Quotendruck unterworfen. Nicht zuletzt, weil eine Frage bei der Weihnachtsfeier mit meinen Mitarbeitern war, wie viele Leser meine Kolumnen in diesem Jahr insgesamt hatten. Da habe ich mich gefragt, welche Kolumnen und welche Themen sind die meist gelesenen und warum könnte das so sein? Dadurch entstand so etwas wie der etwas andere Jahresrückblick.

Die Recherchereise durchs eigene Kolumnenjahr 2012 begann: Friedrichjahr, Schulsanierungen, Demografie, Herausforderungen einer wachsenden Stadt, familienfreundlichste Stadt, Sport, Olympia, KP II-Mittel, Kulturstandorte - die Themenwahl war groß und nach einem Jahr sage ich: Ja, es ist eine gute Möglichkeit, seine Botschaften über das erfolgreiche Potsdam direkt an den Bürger zu bringen.

Diese Woche habe ich nun eine Abrechnung vorgenommen und mir überlegt, ob der Zuspruch einzelner Themen repräsentativ ist und vielleicht auch die Prioritätensetzung in der Landeshauptstadt beeinflussen sollte. Medienfachleute haben mir erklärt, wenn die Quote für den Erfolg steht, würden manche Themen künftig keine Rolle mehr spielen. Denn es scheint wenige zu interessieren, wie sich Schulen entwickeln oder wie es um den Sport in der Stadt steht. Auch die allgemeine Entwicklung als solches, Film, Wissenschaft, Gedenkkultur und Mauerbau stießen auf wenig Resonanz bei Ihnen, meinen Leserinnen und Lesern. Dafür punkteten Kolumnen mit den Themen Badneubau, Schaffung von 1000 Arbeitsplätzen oder der Widerstand gegen den Rechtsextremismus. Auch die Ankündigung, künftig autofreie Sonntage in der Landeshauptstadt durchführen zu wollen, hatte viel Publikum. Also doch die Polarisierung von Themen, die die Leute zum Lesen zwingt? Quote um jeden Preis? Von einer Bürgerbefragung oder gar einem Bürgerbeteiligungsverfahren samt Workshops und Malik-Verfahren sehen wir in diesem Fall wohl lieber ab. Ich habe auch so verstanden. Es geht also vornehmlich über Schlagzeilen.

Im kommenden Jahr nehme ich mir daher neue Themen vor. Wie wäre es mit "Findelkind im Rathaus abgelegt", "Plenarsaal besetzt", "Rathaus-Mitarbeiter gibt Verhältnis mit gleich vier Kolleginnen gleichzeitig zu" oder „Panne im Amt: Anträge zu schnell bearbeitet"? Ich schätze, es wären die meistgeklickten Kolumnen, egal wie gehaltvoll die Information dahinter dann tatsächlich ist. Denn auch auf den Internetseiten der Tageszeitungen Märkische Allgemeinen Zeitung und Potsdamer Neueste Nachrichten gibt es die täglichen Ranglisten der meistgelesenen Texte: Sex and Crime führt fast immer, egal wie groß der lokale politische Aufreger ist.

Zum Glück geht es mir aber nicht wie den Zeitungen oder Harald Schmidt einst im frei empfangbaren Privatfernsehen - ich habe keinen Quotendruck, um senden zu dürfen. Daher wünsche ich mir fürs kommende Jahr andere Schlagzeilen als Sex and Crime. Wie wäre es daher mit „Potsdam eine der beliebtesten Städte Deutschlands" oder „Turbine Potsdam erneut Deutscher Meister" oder „Dank der Hilfe vieler Menschen wieder ein Kind vor der Armut gerettet". Das sind Dinge, an denen ich die Arbeit der Stadtverwaltung und aller Potsdamerinnen und Potsdamer messen kann und möchte. Egal, wie viele Leute die Erfolgsmeldung lesen. Am Ende zählt der Erfolg. Und den hatten wir, ebenso wie mehr als 16.000 Leser meiner Kolumnen.

Bis dahin wünsche ich Ihnen ein frohe Weihnacht, ein gesegnetes Fest und besinnliche Feiertage mit Ihrer Familie und Ihren Lieben!

Ihr

Jann Jakobs



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