Pförtnerampeln - Ein Anfang ist gemacht

3. Februar 2013 

Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,

Autofahren ist ein Thema, mit dem sich unsere Gesellschaft Jahre beschäftigt hat und beschäftigen wird und bei dem wir nie zu einer einvernehmlichen Lösung finden werden. Zu unterschiedlich sind die individuellen Bedürfnisse und Ansichten jedes Einzelnen. Der eine mag keine Autos in der Innenstadt, der andere möchte kostenlos parken, der nächste per Schnellstraße durch Potsdam und wieder ein anderer meint, die Vorrangschaltung der Öffentlichen Verkehrsmittel sollte abgeschafft werden. Ja, alles ist möglich - aber nicht alles gemeinsam.

Daher hat sich die Landeshauptstadt klar dafür ausgesprochen, verschiedene Instrumente umzusetzen, um den Verkehr und das Verhalten der Nutzer zu beeinflussen. Dazu gehört ein starker ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr) ebenso wie Parkraumbewirtschaftung, Ausbau der Radwege und zuletzt die umweltorientierte Verkehrssteuerung. Dass es dazu unterschiedliche Meinungen gibt, ist verständlich. Doch finde ich es befremdlich, wenn ausgerechnet die Nachbargemeinden, die jahrelang eine Netzverknüpfung zur Umfahrung Potsdam oder eine Havelspange zur Umfahrung der Innenstadt verhindert haben, sich nun am lautesten über die Konsequenzen beschweren.

Als Oberbürgermeister bin ich nicht nur für den Nahverkehr und die Straßeninfrastruktur verantwortlich, sondern auch für ein gesundes Lebensumfeld der Bürgerinnen und Bürger sowie eine lebenswerte Stadt. Der Egoismus, der uns jetzt vorgeworfen wird, den tragen die Protestler auch vor sich her. Sie wollen, dass die Blechlawine und die krank machenden Schadstoffe nicht vor ihrer Tür sind. Genau das wollen wir auch. Und um die Schadstoffbelastung in der Landeshauptstadt zu senken und einen Beitrag für gesündere Luft in der Stadt zu leisten, gibt es die umweltorientierte Verkehrssteuerung.

Seit einem Jahren schalten einzelne Ampeln bei zu hoher Schadstoffbelastung in der Stadt kürzere Grünphasen, um einen schnelleren Verkehr und weniger Staus in der Stadt zu gewährleisten. Mit Erfolg. Die Feinstaubbelastung ist seitdem deutlich gesunken, die Fahrzeit durch Engpässe in der Stadt hat sich an den Tagen verkürzt. Auch der Anteil von Stickoxiden hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,2 Prozent verringert.

Das ist ein Anfang. Für eine weitere Senkung könnten Autofahrer beispielsweise aufs Rad oder den ÖPNV umsteigen. Ein gutes Beispiel gibt einer der Verantwortlichen für die umweltorientierte Verkehrssteuerung innerhalb unserer Verwaltung: er wohnt in Geltow und fährt seit Jahren jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit und zurück.

In den ersten Tagen gab es zahlreiche Beschwerden über Staus durch die neue Ampelschaltung. Es war ein Placebo - die Ampeln waren zwar an, aber aufgrund der geringen Schadstoffbelastung nicht im umweltorientierten Steuerungsmodus. Dennoch gab es Proteste - obwohl nichts anders war als sonst. Allerdings gab es für Autofahrer nun einen anderen Grund für den Stau als die hohe Verkehrsbelastung: die (damals nicht greifende) umweltorientierte Verkehrssteuerung.

Ich habe großes Verständnis für die damaligen und heutigen Beschwerden: Auch ich möchte schnell von A nach B, möglichst ohne irgendwo zu stehen. Aus weniger Fahrzeit resultiert mehr Zeit für Familie oder andere Dinge. Deshalb haben wir uns schon vor Jahren für eine Netzverknüpfung ausgesprochen, die Werder/Havel, Geltow und Potsdam entlastet hätten. Seit Jahren haben wir uns für eine Havelspange entlang der Bahn über den Templiner See stark gemacht, doch das Land wollte verständlicherweise vor einer Förderung erst eine Einigung zwischen den Kommunen, doch Schwielowsee war und ist dagegen. Seit Jahren haben wir uns für eine Innerstädtische Entlastungsstraße - kurz ISES - entlang der Bahn zwischen Hauptbahnhof und Potsdam-West eingesetzt, ohne Erfolg. Keine der neuen Straßen war gewollt.

Wie gesagt, beim Thema Autofahren wird es nie einvernehmliche Lösungen geben. Aber die Lösung des Verkehrsinfarktes in Potsdam, auf den wir aufgrund der steigenden Einwohnerzahl in Potsdam und Umgebung sowie der steigenden Zahl von Autos zusteuern, ist nicht allein Potsdams Problem. Da sind alle gefragt. Mit Innovation, nicht Nein-Sagen.

Ihr

Jann Jakobs



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