Kolumne der Woche: Offen für den Wettbewerb

Oberbürgermeister Jann Jakobs
© Oberbürgermeister Jann Jakobs
Oberbürgermeister Jann Jakobs

5. April 2015

Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,

unsere Stadt bleibt im gesamtdeutschen Vergleich eine der attraktivsten Landeshauptstädte in Deutschland. Wir haben mit den höchsten Einwohneranstieg, die meisten Kinder unter zwölf Jahren und sind eine der am stärksten wachsenden Metropolen. Das hat gerade erst die aktuelle Vergleichsstudie unseres Statistikbereichs ergeben. Das ist großartig und zeigt eindrucksvoll die positive Entwicklung unserer Landeshauptstadt.

Damit wir weiter so attraktiv bleiben, haben wir noch viele Aufgaben vor uns. Dazu gehört der Bau neuer Schulen und ein leistungsfähiges Nahverkehrsnetz – das habe ich an dieser Stelle schon mehrfach betont -, aber auch eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Da haben wir in der vergangenen Woche leider einen Rückschlag erlitten. Durch die unerwartet kurzfristige einstweilige Verfügung der Gewerkschaft Verdi gegen unsere Verordnung zur Sonntagsöffnung ist ein nicht unerheblicher Schaden für die Potsdamer Einzelhändler entstanden.

Dabei bin ich nach wie vor überzeugt, dass wir eine überzeugende Lösung für die Ladenbetreiber und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gefunden hatten. Die flexible stadtteilbezogene Öffnung an zehn Sonntagen hätte gewährleitet, dass kein Geschäft an mehr als sechs Tagen im Jahr öffnet – so wie es das Brandenburger Ladenöffnungsgesetz verlangt. Wir dürfen nicht vergessen: Wir stehen in einem nicht unbeträchtlichen harten Wettbewerb. Auf der einen Seite schauen wir nach Berlin, das mit zehn deutlich mehr verkaufsoffene Sonntage hat als Brandenburg. Auf der anderen Seite boomt der Online-Handel, der die klassischen Verkaufslinien von allen Geschäften in große Bedrängnis bringt.

Und dann mussten wir zuletzt feststellen, dass die Landesregelung offensichtlich unterschiedlich gelebt wird. Wir sind diejenigen, die das am restriktivsten auslegen mussten. Wenn Sie nach Cottbus, Frankfurt (Oder) oder andere Städte in Brandenburg schauen, dann sind dort teilweise bis zu 33 verkaufsoffene Sonntage durchgeführt worden. Da hat das Land tatenlos zugesehen. Auch die Gewerkschaft Verdi ist dagegen nicht vorgegangen, was ich einigermaßen unbegreiflich finde. Erst jetzt, nachdem durch eine Untersuchung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche festgestellt worden ist, dass das landesweit sehr unterschiedlich praktiziert wird, sieht sich das Land veranlasst, auch andere Städte darauf hinzuweisen, was ihrer Auffassung nach Recht und Gesetz ist. Das hätte man ein bisschen eher haben können, dann wären vielleicht auch solche Irritationen gar nicht entstanden.

Und wie geht es jetzt weiter? Wir werden den Beschluss des Gerichts genau prüfen und bis zur Stadtverordnetenversammlung am 6. Mai eine neue Verordnung vorlegen. Darin wollen wir in Abstimmung mit dem Einzelhandelsverband und der IHK Potsdam neue verkaufsoffene Sonntage vorschlagen. Ich beabsichtige darüber hinaus, mit dem zuständigen Ministerium und der Gewerkschaft Gespräche zu führen, um noch einmal über die Frage zu diskutieren, wie eine stadtteilbezogene Regelung und die Anzahl der Sonntage zu bewerten sind.

Ich erwarte aber auch, dass das Land Brandenburg überall im Land eine einheitliche Vorgehensweise zeigt. Bisher haben wir den Eindruck, hier werden an die Landeshauptstadt besonders strenge Kriterien angelegt. Vielleicht ist auch eine Änderung des Gesetzes vonnöten – womöglich mit einer Öffnungsklausel für touristisch geprägte Städte und Städte mit Weltkulturerbestätten? Das ist angesichts der Zugkraft und gestiegenen Attraktivität Potsdams nicht nur wichtig für ein faires Miteinander, sondern auch notwendig, damit wir im Wettbewerb mit anderen Städten und Online-Anbietern nicht abgehängt werden.

Ihr

Jann Jakobs