Kleiner Bacchusbrunnen, Rudolf Böhm und Walter Rentzsch, 1977

Genusssüchtig und frivol sitzt der nackte Bacchus breitbeinig und keck auf seinem Weinfass. Dieser Putto mit üppigen Speckröllchen, der nach Weintrauben greift und dessen Haar mit Weinlaub
geschmückt ist, verkörpert den Gott des Weines. Mit geöffnetem Mund blickt er zu der Weintraube in seiner rechten Hand auf - deren Rausch erzeugende Wirkung vergötternd. Seine linke Hand stützt sich auf eine zweite Traube, damit diese dem bereits wankenden Bacchus eine Stütze sein möge. Mit seinem nacktem Hinterteil sitzt der Knabe etwas wackelig auf einem Weinfass und sogleich ergießt sich aus dem kleinen Hahn ein Wasserstrahl in die darunter liegende Brunnenschale. Auch wenn das Fass klein ist, symbolisiert der sich in den Brunnen endlos ergießende Wein die Maßlosigkeit jenes antiken Gottes und seines trinkenden Gefolges. Allesamt verfielen nach Genuss des Getränkes in Rausch und Ekstase und verursachten jede Menge Lärm, weshalb Bacchus von Griechen und Römern auch Rufer genannt wurde. Mit einer umlaufenden konvexen und konkaven Wölbung am oberen Rand beginnend, verjüngt sich die bauchige Brunnenschale nach unten hin, um ihr Fundament auf einer großen Grundplatte zu finden. Die vertikal angeordneten, floral anmutenden Wellenformen verstärken mit ihrer Linienführung den ausladende Charakter der Brunnenschale.

Der fließende Bacchusbrunnen ist als belebendes Element für die städtische Umgebung zu verstehen, denn das Plätschern des Wassers entspannt die Atmosphäre der im Freien sitzenden Gäste. Doch der aufmerksame Betrachter wird wohl in diesem Fall nicht an Wasser als Grundlage allen Lebens, sondern eher an das berauschende Getränk denken. Die Bildhauer Rudolf Böhm (*1941) und Walter Rentzsch haben die Brunnenskulptur gut platziert: vor einem Kaffee auf dem nordöstlichen Teil des Platzes am Brandenburger Tor. Damit erhält die barocke Innenstadt ein schmückendes Element, welches mit seinem erfrischendem Sprudel die Umgebung harmonisiert und den Spaziergänger zum Innehalten einlädt.