Große Liegende, Rainer Muhrbeck, 1980/81

Mit großem Volumen und überlebensgroßer Gestalt beeindruckt die Große Liegende von Rainer Muhrbeck (*1944). Die Frauenfigur fühlt sich sichtlich wohl in der Umgebung der Neustädter Havelbucht, denn sie scheint gerade im Begriff, sich unbefangen auf den Rücken zu drehen und die Beine strecken zu wollen. Der Rumpf mit den kräftigen Rundungen von Bauch und Po übt hierbei eine Scharnierfunktion aus. Die unterschiedlich angewinkelten Arme und Beine ergeben verschiedene Positionen und Richtungen einer sich langsam aufschraubenden Figur. Während sich
die Arme bereits dem Betrachter öffnen und eine Bewegungsrichtung vorgeben, setzen die fast geschlossenen Beine erst zu einer Regung an. Der erwachenden Bewegung entgegen wirken die
blockhaft ausgearbeiteten kräftigen Gliedmaßen.

Besonders die überproportionierten Beine mit den großen Füßen verleihen der Figur Erdenschwere. Schwer wiegt auch der Kopf mit dem stilisierten welligen Haar, den die Frau stützend in beide Hände gelegt hat. Das Gesicht mit den geschlossenen Augen ist reduziert ausgebildet und gen Himmel gerichtet. Die wie gemeißelt wirkende Blickrichtung deutet ebenfalls an, in welche Lage sich der Körper gleich drehen wird. Die Öffnung und Streckung des Körpers entwickelt sich erst langsam, aber seine Blockhaftigkeit und der Rahmen, den der flache Sockel aus Kunststein bildet, begrenzen den Drang der Figur. Somit scheinen sich in der Skulptur Bewegung und Trägheit zu vereinen.

Rainer Muhrbecks Große Liegende zeigt sich dem neuen Zeitgeschmack entsprechend freier und in einem anderen Formverständnis, als dies in den jungen Jahren der DDR üblich war. Die Reduzierung in der Ausführung und die Übersteigerungen der Volumina sind typisch für die Bildhauerkunst in den 1970er und 1980er Jahren. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Mensch in Form des Aktes ist jedoch eines der ältesten Genres in der Geschichte der Kunst.