Dr. Helmuth Sell wurde 1898 geboren und lebte zusammen mit seiner Frau Annemarie, geboren 1896, in der Karl-Marx-Straße 11. Bis 1933 hatte Helmuth Sell als Abteilungsleiter bei Siemens gearbeitet, diese Stelle jedoch aufgegeben, da sein Arbeitgeber von ihm verlangte der NSDAP beizutreten. Als ehemaliger Sozialdemokrat war er ein Gegner der Nationalsozialisten. Auch den Kontakt zu seinen jüdischen Freunden hatte er nicht abgebrochen. Er führte eine kleine Fabrik in der Englischen Straße in Berlin-Dahlem.
Im Jahr 1943 nahmen die Sells den jüdischen Jungen Ezra Feinberg in ihrem Betrieb als Lieferjunge auf. Seine Eltern waren schon im Mai 1942 deportiert worden und seitdem hatte er versucht, sich in Berlin unter dem falschen Namen Wilhelm Schneider als Hitlerjunge durchzuschlagen. Dr. Sell wusste zunächst nichts von der wahren Identität Ezra Feinbergs, doch als dieser sich als Jude zu erkennen gab, antwortete Helmuth Sell nur, dass er Sozialdemokrat war. Er arrangierte dem Jungen falsche Papiere und eine Reise nach Wien. Bis zur Abreise nahmen die Sells Ezra Feinberg bei sich zuhause auf. Damit setzten sich Helmuth und Annemarie Sell auch selbst einem großen Risiko aus. Trotzdem ermöglichten sie ihm die Flucht aus Deutschland.
Ezra Feinberg, der 1922 geboren wurde, konnte nur so überleben und wurde als Dr. Ezra Ben Gershom ein bekannter Schriftsteller und Biochemiker in Jerusalem, wo er 2006 verstarb. 1981 hatte er seine Retter Helmuth und Annemarie Sell in Yad Vashem für den Titel „Gerechte unter den Völkern“ vorgeschlagen. Die beiden waren zu diesem Zeitpunkt schon verstorben – Helmuth Sell 1956 und Annemarie Sell 1972 – weshalb die Ehrung posthum am 20. Oktober 2002 im Beisein ihrer Nachkommen in Schenectady, New York, erfolgte.
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