Wandvögel, Helmut Bierwagen und Wolf-Dieter Pfennig, um 1989

Die Wandflächen der in Serie gefertigten Plattenbauten eignen sich nicht nur besonders gut für eine farbenfrohe Gestaltung, sie machen eine farbliche Akzentuierung nahezu notwendig. Auch Helmut Bierwagen (*1936) und Wolf-Dieter Pfennig (*1956) nutzten ihre grafischen Fähigkeiten, um die Giebelflächen des Eingangsbereiches eines Wohnheimes mit Motiven zu verzieren. In hell leuchtenden Farben hebt sich die überlebensgroße Vogelschar vom Grauton der Betonplatten ab. Mit bunt geschecktem Gefieder und spitzen Schnäbeln stehen sie auf Geraden oder hängen an Schrägen und Vertikalen der Bausegmente. In ihrer Neugier und Unbefangenheit erobern die lustigen Gesellen schnell die Hauswand. Mit großen Augen werfen sie verwundert Blicke umher. Zwei Vögel gucken und recken sich zu einem Artgenossen, welcher laut schnatternd eine Schräge entlangläuft. Ein anderer Vogel arbeitet sich kopfüber zur Spitze eines stilisierten Felsens vor, doch macht ihm ein Konkurrent diesen schönen Platz streitig. Unbeteiligt zeigen sich weitere Vögel, die an Senkrechten festgewachsen zu sein scheinen. Ein Verkehrsschild verweist auf menschengemachte Regeln, die hier absurd anmuten. Die abstrahierte Darstellung illustriert anschaulich das Sozialverhalten eines Vogelschwarms: Schnattern und Beobachten, Klettern und Rumstehen, aber vor allem das ständige Ränkespiel um den besten Platz sind diesen Tieren eigen.

Das Gebäude gehört zum 1991 fertiggestellten Gelände einer Schwerhörigen- und Sprachschule mit Internat, seit dem Jahr 2000 die Wilhelm-von-Türk-Schule. Die Wandvögel können durchaus als ein von der Natur inspiriertes Motiv verstanden werden, welches thematisch zur Umgebung passt. Vielmehr jedoch bezogen die Künstler dieses Motiv auf die in diesem Gebäude beherbergten Kinder. Damit gestalteten Helmut Bierwagen und Wolf-Dieter Pfennig auf humorvolle Art und Weise monotone Flächen und schufen einen weithin sichtbaren und farbenfrohen Orientierungspunkt im Wohngebiet am Bisamkiez.