Schwebendes Paar, Karl und Bruno Raetsch, 1980

88 Metallplatten mit Emailleüberzug; 370cm (H), 1200cm (B)

Wie in einem Traum verlässt das Paar schwebend die Erde und begibt sich auf eine Reise durch das All. Der zielgerichtete Blick und die ausgestreckten Arme des Mannes weisen den Weg zur Sonne. Hingegen deutet die Frau mit einer letzten Geste zur Erde. Wie in einer Glaskugel erscheinen dort, einer Weissagung gleich, die überwunden geglaubten Insignien einer über zweitausendjährigen architektonischen Vergangenheit.

Den Auftakt bildet am unteren Rand das farbenprächtige Ischtar-Tor von Babylon. Es zählte einst zu den Sieben Weltwundern und stand in einer der ältesten und prächtigsten Städte des Altertums. Darüber ist ein griechischer Tempel gesetzt. Dessen Konstruktionsweise und mathematischen Gesetzmäßigkeiten prägten die Baukultur genau so nachhaltig, wie der von den Römern häufig angewendete Rundbogen, hier in Gestalt eines Aquäduktes wiedergegeben. Schweift der Blick des Betrachters weiter, so kann er eine hoch aufragende gotische Kathedrale entdecken, deren Baumassen die reich verzierten Bürgerhäuser zu entmaterialisieren sucht. Ihr gegenüber läutet der Petersdom mit seiner majestätischen Zentralkuppel bereits die Neuzeit ein. Als Gegenspieler erstrahlen die goldenen Zwiebeltürme und die roten Zinnen des Moskauer Kremls. An vorderster Stelle dominiert der Spasskie-Torturm mit rotem Stern an der Spitze. Sowohl Uhrwerk als auch roter Stern beanspruchen den Takt der Zeit anzugeben. Unauffälliger, aber mit regionalem Bezug, zeigt sich das Schloss Sanssouci, welches von der anrückenden Moderne bedrängt wird. Während der Eiffelturm neue Höhen erreicht und seine Konstruktionsweise offenbart, verschwimmen die Formen der expressionistisch anmutenden Wallfahrtskapelle Notre-Dame-du-Haut (Ronchamp). Von dort sind es nur noch wenige Schritte bis zur sozialistischen Bildzeichenarchitektur. Als fantastisches Gebilde ragt das Hotel Panorama in Oberhof in Form von Sprungschanzen aus dem Thüringer Wald hervor. Ein Hochhausblock daneben erreicht unbekannte Höhen und verweist auf die Errungenschaften des Wohnungsbauprogramms der DDR.

Karl (1930-2004) und Bruno Raetsch (*1962) schufen mit ihrem Bild eine Brücke zwischen gestern und morgen. Der Emailleüberzug verschafft dem Kunstwerk eine überragende und dauerhafte Leuchtkraft. Die rot glühenden Körper des Schwebenden Paares lösen sich mühelos von der Vergangenheit und folgen einer alles bestimmenden Kraft. Wie einst Adam und Eva scheint das Paar zu Höherem bestimmt: Eine leuchtende Zukunft, die wohl im Zentrum des zwischen 1970 und 1980 errichteten Wohngebietes Am Stern liegt.

Adresse

Schwebendes Paar
Johannes-Kepler-Platz
14480 Potsdam
Deutschland