Lesendes Schülerpaar, Dietrich Rohde, 1968

Auf dem Vorplatz der Grundschule 56 treffen sich ein Mädchen und ein Junge zum Lesen. Sie drücken nicht die Schulbank, sondern sind gemeinsam in eine spannende Lektüre vertieft und nehmen von ihrer Umgebung keine Notiz. Auf den ersten Blick entsteht der Eindruck, dass jeder für sich liest, doch bei längerer Betrachtung zeigt sich, dass der Junge zu einem erklärenden Gespräch ansetzt. In spannungsvoller Erwartung sitzt das Mädchen mit angewinkelten Beinen auf der obersten Stange, dabei zeigt sich sein Gesichtsausdruck konzentriert. Der Junge hingegen steht, lässig angelehnt, mit beiden Beinen am Boden. Er scheint etwas zu wissen, doch er ist nicht der Belehrende. In freundschaftlicher Geste sind beide Schüler miteinander verbunden. Beide Körper sind einander zugewandt und auf der Rückseite der Bronzeplastik offenbaren die gekreuzten Arme und das gegenseitige Ablegen der Hände auf der Schulter des jeweils Anderen eine Verbundenheit. Diese kameradschaftliche Geste ist ohne Pathos aber voller Spannung

Dietrich Rohde (1933-1999) setzt der spannungsreichen dynamischen Haltung des Mädchens die ruhige und aufreche Position des Jungen entgegen. In spiegelsymmetrischer Anordnung kommunizieren die beiden Schüler miteinander. Während an der Vorderseite das gemeinsam gehaltene Buch die Figuren miteinander verbindet, zeigt sich die Annäherung an der Rückseite in den gekreuzten Armen. Die innere Spannung, welche sich wohl durch das Lesen ergibt, trägt der Faltenwurf in der Oberfläche der Kleidungen der Schüler nach außen. Besonders an den realistisch ausgearbeiteten Gesichtern sind die Konzentration und das Interesse an den Lernstoff zu erkennen.

Dietrich Rohde schuf eine Bronzeplastik passend für den Eingangsbereich einer Schule. Schon vor dem Betreten soll sich ein Lernwille einstellen. Schüler und Spaziergänger fühlen sich bisweilen verpflichtet, das Schülerpaar im Vorbeigehen möglichst nicht zu stören. Vor allem verweist der Künstler auf das Ziel der Schüler: Nur in der gemeinsamen Arbeit, in der gegenseitigen Hilfestellung, können die gestellten Ziele erreicht werden.