Kolumne der Woche: Stillstand wäre das falsche Zeichen

Oberbürgermeister Jann Jakobs
© Oberbürgermeister Jann Jakobs
Oberbürgermeister Jann Jakobs

3. April 2016


Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,

nach 26 Jahren gemeinsamer Stadtentwicklung steht Potsdam für eine Erfolgsgeschichte: hohe Lebensqualität in allen Stadtteilen, geringe Arbeitslosigkeit, wirtschaftlich gesunde städtische Unternehmen und ein Lebensstandard durch quirlige Viertel, Welterbe und lebendige Innenstadt, um den uns viele andere beneiden. Nicht umsonst verzeichnen wir seit 13 Jahren ein stetes Bevölkerungswachstum, nicht umsonst wollen so viele Menschen in unserer Stadt leben. Diese Beliebtheit stellt uns auch vor Herausforderungen, das ist ganz klar. Dennoch dürfen wir nicht nachlassen, unsere Stadt weiter zu entwickeln und noch attraktiver für alle zu machen. Stillstand wäre gerade jetzt das falsche Zeichen.

In dieser Woche nun startet ein Bürgerbegehren, durch das die positive Entwicklung der Landeshauptstadt angehalten werden könnte. Eine Initiative möchte, dass im gesamten Innenstadt-Areal zwischen Platz der Einheit und dem Alten Markt keine moderne Stadtentwicklung mehr möglich sein wird. Bürgerbeteiligung ist uns wichtig, deshalb befürworten wir auch Beteiligungsformen wie das Bürgerbegehren. Aber es lohnt schon, ganz genau hinzuschauen. Bei diesem Bürgerbegehren geht es in Wahrheit nur am Rande um den bislang diskutierten Abriss des früheren Interhotels, vielmehr geht es um einen grundsätzlichen Stopp der Entwicklung in diesem innerstädtischen Bereich. Drohender Stillstand statt lebhaftes, urbanes Stadtzentrum mit dringend benötigten zusätzlichen Wohnungen – darunter mindestens 15 Prozent Sozialwohnungen -, Platz für Gewebetreibende, Cafés und Bars sowie öffentliche Plätzen samt Kunst und Kultur.

Anfang Mai legen wir den Stadtverordneten und Ihnen ein komplettes Konzept vor, wie dieser Bereich künftig bebaut werden könnte. Dabei geht es uns nicht um einige wenige historische Fassaden oder eine rückwärtsgewandte Annäherung an den alten Stadtgrundriss, wie uns als Verwaltung häufig vorgeworfen wird. Hier geht es um die Entwicklung des Zentrums, um die künftige ausgewogene, bunte Mischung bei der Nutzung der neuen Gebäude, es geht um Stadtleben in einem dem Zentrum angemessenen Maßstab.

Wir werden die Grundstücke nicht einfach im Höchstgebotsverfahren an Investoren verkaufen. Vielmehr sollen die überzeugendsten Nutzungs- und Gestaltungskonzepte der Bewerberinnen und Bewerber gewinnen. Damit bestimmen wir als Stadt die Grundzüge der künftigen Nutzung und Gestaltung, sorgen für Vielfalt. Verkauft werden die Grundstücke auch erst, wenn die Baugenehmigungen mit dem beispielweise vereinbarten Bau von Wohnungen, Büros und Ateliers vorliegen  – damit wollen wir verhindern, dass im Verfahren von Investoren Versprechen gemacht und doch am Ende nicht eingehalten werden.

Die Erlöse aus den Grundstücksverkäufen werden, wie in Sanierungsgebieten gesetzlich vorgeschrieben, zugunsten der Entwicklung der öffentlichen Räume in diesem Gebiet eingesetzt. Genauso ist es uns gemeinsam in den vergangenen 26 Jahren gelungen, das Holländische Viertel, Babelsberg und die zweite barocke Stadterweiterung rund um die Brandenburger Straße zu entwickeln. Keiner wird wohl ernsthaft behaupten, dass die Entwicklung dieser Bereiche gescheitert ist. Im Gegenteil, sie hat zur Belebung, zu mehr Lebensqualität und somit zum Wohlbefinden beigetragen.

Ich bitte Sie daher, sich vor einer Unterschrift unter das Bürgerbegehren über die möglichen Folgen Gedanken zu machen. Melden Sie sich bei den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung, wenn Sie Fragen haben. Informieren Sie sich und kommen Sie zu unseren Veranstaltungen in den kommenden Wochen, in denen wir die Pläne öffentlich präsentieren und erläutern. Ich plädiere für eine gesunde Entwicklung des Innenstadtbereiches in angemessenen Proportionen und Dimensionen hin zu einem Quartier für alle. Für Potsdam.

Ihr
Jann Jakobs