Kolumne der Woche: Lindenstraße als Stiftung dauerhaft gesichert

Oberbürgermeister Jann Jakobs
© Oberbürgermeister Jann Jakobs
Oberbürgermeister Jann Jakobs

14. Februar 2016

Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,

Erbgesundheitsgericht bei den Nationalsozialisten, Volksgerichtshof, Untersuchungsgefängnis des sowjetischen Geheimdienstes, Stasi-Untersuchungsgefängnis - kein Haus in der Landeshauptstadt erzählt so viel von der Geschichte der politischen Unterdrückung im 20. Jahrhundert wie das Haus in der Lindenstraße 54/55. Bis 1989 diente das Gebäude mehr als 54 Jahre als Untersuchungs- und Haftanstalt für politische Gefangene. Schreckliche Dinge sind dort geschehen. Sie brachten Leid für Tausende Menschen. Mit der friedlichen Revolution von 1989 wurde das Haus schließlich zu einem Ort der Demokratie und Sitz der Bürgerbewegungen.

Diesen authentischen Ort den nachfolgenden Generationen auf Dauer zu erhalten, war die Aufgabe der vergangenen Jahre. Seit 2011 haben wir dieses Ziel intensiv verfolgt. Wenn wir am Montag die Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße vorstellen, dann ist das ein wunderbares Zeichen dafür, dass es uns gelungen ist. Denn Landeshauptstadt und Land finanzieren das Haus gemeinsam dauerhaft als Gedenkstätte.

Dass der Gedenkort erst zu einer Gedenkstätte mit überregionaler Bedeutung geworden ist, haben wir dem Engagement vieler Akteure zu verdanken. Unmittelbar nach der Übergabe des Gebäudes durch die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit sicherten Mitarbeiter des Potsdam Museums Anfang der 90er-Jahre das Gebäude und setzten sich für den Erhalt ein. Durch die Initiative der Fördergemeinschaft Lindenstraße 54 und mit einem Beschluss der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung konnte der Gebäudekomplex zu einer Gedenkstätte erhoben werden. Als einziger authentischer Gedenkort im Land Brandenburg erinnert seither das Haus an die Diktaturgeschichte des 20. Jahrhunderts und der Überwindung der Diktatur 1989/90.

Nach 16 Jahren in der Trägerschaft des Potsdam Museums und der dann folgenden Zuständigkeit durch den Fachbereich Kommunikation, Wirtschaft und Beteiligung, nach größeren Sanierungsphasen von 2007 bis 2009 und weiteren Umbauten ab 2011 wird das Haus nun mit der erfolgten Stiftungsgründung in eine neue institutionelle Arbeitsphase überführt. Das freut mich sehr, denn so sichern wir unser Handwerkszeug im Kampf gegen Rechtsextremismus, Fremdenhass und Demokratiefeindlichkeit. Nur wenn wir weiter informieren, erinnern und mahnen haben wir eine Chance, für unsere bestehende, offene Gesellschaft zu werben. Und denen das Handwerk legen, die sich gegen unsere Demokratie wenden.

Insofern sind diese Tage wahre Glückstage - obwohl jeden Mittwoch nun auch in Potsdam dumpfe Töne des Fremdenhasses erklingen. Die Gründung Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße ist ein Meilenstein zur Erforschung und Sichtbarmachung von Gewalt und Unterdrückung im 20. Jahrhundert. Die Gedenkstätte ist aber mehr: Sie ist auch ein Aufruf, sich allen Ewiggestrigen in den Weg zu stellen, die unsere demokratischen Werte mit Füßen zu treten versuchen.

Ihr

Jann Jakobs