Kolumne der Woche: Apfelblütenfest im UNESCO-Welterbe

Oberbürgermeister Jann Jakobs
© Oberbürgermeister Jann Jakobs
Oberbürgermeister Jann Jakobs

22. April 2018

Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,

am kommenden Wochenende hat auch Potsdam erstmals ein Baumblütenfest. Doch unsere Nachbarn in Werder (Havel) müssen jetzt keine Sorgenfalten bekommen – das Apfelblütenfest im Garten des Museums in der Russischen Kolonie Alexandrowka ist nicht als Konkurrenzveranstaltung gedacht. Vielmehr soll mit diesem neuen Format, das wie ich persönlich sehr hoffe, zu einer neuen Tradition in unserer Stadt wird, auf charmante Art und Weise an die wechselvolle Geschichte dieses städtebaulichen Kleinods im letzten Vierteljahrhundert erinnert werden.

Die Russische Kolonie Alexandrowka wurde 1826 bis 1827 auf Wunsch von König Friedrich Wilhelm III. zum Gedenken an seinen verstorbenen Freund Zar Alexander I. angelegt. Vorbild für die einmaligen Architekturformen der Gehöfte war das von Zar Alexander I. ab 1815 angelegte Kunstdorf Glasowo im Park von Pawlowsk. Der Landschaftsarchitekt Peter Joseph Lenné plante das Ensemble nach Anweisung des Königs. Die hippodromförmige Wegeanlage, in die ein Wegekreuz in Form eines Andreaskreuzes eingelegt ist, verbindet zwölf Gehöfte und ein Aufseherhaus. Die Gebäude sind in russischen Architekturformen mit reichem ornamentalem hölzernem Schmuck  versehen.

Die großzügigen und gerade jetzt herrlich blühenden Gärten, die das einzigartige Gelände prägen, gab es Anfang der 90er-Jahre nicht. Eine Kleingartenanlage prägte das Gebiet. Die Mehrzahl der Häuser befand sich in einem sehr traurigen Zustand. Dank des Zusammenwirkens von privatem und öffentlichem Engagement wurden die Häuser rekonstruiert, die Gartenanlage wurde denkmalgerecht rekonstruiert. Daran waren über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auch zahlreiche Potsdamerinnen und Potsdamer beteiligt. Die Rekonstruktion der Anlage schuf die Voraussetzungen dafür, dass die UNESCO 1999 die weltweit einzigartige Russische Kolonie Alexandrowka als Erweiterung der "Schlösser und Gärten von Potsdam und Berlin" in die Liste des Welterbes aufnahm.

Doch was ist jetzt eigentlich mit den Apfelblüten? Von den heute fast 1.500 Obstbäumen stammen etwa 30 noch aus der Zeit der ersten Bepflanzung ab 1827. Wenn im Herbst das Apfelfest stattfindet, werden Sie schmecken können, dass geschmackliche Langeweile nicht aufkommen kann. Mit den Äpfeln aus der Russischen Kolonie könnte man ein Jahr lang jeden Tag eine andere Apfelsorte essen. Denn hier wachsen 365 verschiedenen Apfelsorten mit klangvollen Namen wie „Purpurroter Cousinot“ oder „Himbacher Grüner“. Insgesamt stehen auf der etwa acht Hektar großen Fläche mehr als 600 verschiedene Sorten von acht Obstarten (Äpfel, Birnen, Quitten, Süßkirschen, Sauerkirschen, Pflaumen, Aprikosen und Walnuss). Wegen dieser Vielfalt ist die Kolonie ein bedeutender Ort des Erhalts alter und bereits verloren geglaubter Obstsorten. Das Welterbe-Obst wird übrigens nicht verkauft, sondern sozialen Einrichtungen zur Weiterverarbeitung zur Verfügung gestellt.

Ich lade Sie herzlich ein, das Apfelblütenfest in der Russischen Kolonie zu besuchen. Tauchen Sie ein in die Welt russischer Märchen und Geschichten, erfahren Sie bei Führungen mehr zur Geschichte und zum Obstanbau in der Russischen Kolonie und lassen Sie das Fest bei Musik und einem gemeinsamen Tanz in den Mai ausklingen.


Ihr
Jann Jakobs