Jahresbericht des Potsdamer Wirtschaftsrats

Expertengremium wünscht sich mehr Sensibilität und Bewusstsein für Beschäftigung und Wirtschaft
Das Bild zeigt die Hand eines Mannes in einer Reihe Dominosteine. Der Schriftzug auf dem Bild lautet: Potsdamer Wirtschaftsrat.
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Potsdam, 20.01.2016

Am 03. März 2015 konstituiert, blickt der Wirtschaftsrat auf einen intensiven Dialog und Arbeitsprozess in diesen zehn Monaten zurück und startet hoch motiviert in das neue Jahr.

Die 29 Persönlichkeiten des Wirtschaftsrates empfinden ihre Berufung als Verpflichtung. Sie repräsentieren in Potsdam rund 14.200 Betriebe der IHK und Handwerkskammer und 40 wissenschaftliche Einrichtungen. Ob als Führungskräfte aus namhaften Potsdamer Unternehmen und Institutionen der Wirtschaft oder als Wissenschaftler an der Spitze international renommierter Wissenschaftseinrichtungen – sie alle eint der Wille und der Wunsch, sich mit ihrer Expertise, ihren Erfahrungen, für ihren Wirtschaftsstandort, ihre Stadt Potsdam, zu engagieren.

Um eines gleich klarzustellen. Der Wirtschaftsrat sieht sich nicht als Lobbyist von wirtschaftlichen Einzelinteressen. Er schaut über den sprichwörtlichen Tellerrand und fühlt sich allein Anliegen verpflichtet, die dem Gemeinwohl dienen. Hier möchte der Wirtschaftrat seinen Beitrag leisten, damit Potsdam mit großer Zuversicht in die Zukunft blicken kann. Das ist eine der zentralen Botschaften des Wirtschaftsrates, die zu seinem Selbstverständnis gehören und im Credo „Potsdam – innovativ seit 1685" verankert sind.

Götz Friederich, Vorsitzender des Wirtschaftsrates der Landeshauptstadt, betont: "Wirtschaftlicher Erfolg beflügelt die Zivilgesellschaft, führt zu Wohlstand in einer breiten Bürgerschicht, festigt den Zusammenhalt, katalysiert Toleranz und schafft Heimat".

Vom Wirtschaftsrat werden realistische Chancen gesehen, dass sich Potsdam weiter gut entwickelt. Vieles spricht für diese zuversichtliche Einschätzung. Genauso viel ist dafür aber auch zu tun. Das Lebenselixier für ein vitales Gemeinwesen ist wirtschaftliche Prosperität. Das ist immer wieder in Erinnerung zu rufen. Sich entsprechend richtig zu positionieren, Grundorientierungen zu geben und Strategien zu entwickeln im Interesse des gemeinsamen Zieles, Potsdam in eine gute Zukunft zu führen, erfordert, sich permanent zu hinterfragen. Manche Diskussion in Potsdam muss wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Ein Beispiel: In Potsdam leben rund 14.200 Menschen in rund 8.400 Bedarfsgemeinschaften für die aus dem städtischen Haushalt rund 36 Mio. EUR Leistungen für Unterkunft und Heizung bereitgestellt werden müssen. Daraus leitet sich eine zentrale Frage ab: Wie ist die soziale Teilhabe der Menschen in unserer Stadt zu sichern, um Sozialausgaben senken zu können? Unvermindert notwendig sind ganz klar Beschäftigungsimpulse, die Einkommen und Kaufkraft stärken, also starke Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen.

Eine weitere Schlüsselfrage lautet: Wie kann die Stadt rückläufige investive Schlüsselzuweisungen kompensieren, um aus eigener Kraft mit dem Blick auf die mittel- und langfristige Stärkung der Ertragsseite im städtischen Haushalt künftig Investitionsbedürfnisse erfüllen zu können? Diese Frage ist immer dann überzeugend zu beantworten, wenn man erkennt, dass es 109.000 Erwerbstätige, davon rund 79.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, und 14.200 Potsdamer Kammerbetriebe sind, die täglich Werte schaffen, auf die unsere Stadt so sehr angewiesen ist. Rund 56 Mio. EUR Gewerbesteuer und 57 Mio. EUR Einkommenssteueranteil auf der Ertragsseite im städtischen Haushalt sind eine deutliche Aussage.

Das ist immer wieder zu unterstreichen. Deshalb wird der Wirtschaftsrat nicht müde werden, darauf hinzuweisen, worauf es ankommt: Mehr Sensibilität und Bewusstsein für Beschäftigung und Wirtschaft in Potsdam. Bisweilen sind wir noch weit davon entfernt, wenn es um Erwartungen an eine wirtschaftsorientierte und –freundliche Verwaltung und Stadtverordnetenversammlung geht. Unsere Möglichkeiten haben wir bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Gut gemeinte Beschlüsse allein reichen nicht aus. Seriös zu klären sind auch die Voraussetzungen und Bedingungen, damit sie umgesetzt werden können.

Der Vorsitzende des Wirtschaftsrates Götz Friederich ist überzeugt: "Potsdam muss als Hauptstadt der Hauptstadtregion Berlin/Brandenburg eine leading role bei der Entwicklung und Vermarktung eines wirtschaftlichen Verflechtungsraumes übernehmen". Aus diesen Gründen würde sich der Wirtschaftsrat auch ein klares Bekenntnis zum Thema „Wirtschaft und Arbeit“ im Leitbild Potsdams wünschen.

Potsdam wächst, blüht und gedeiht in der Tat. Die Stadt erfreut sich in Standortrankings oft guter Bewertungen. Wir wären nicht gut beraten, uns auf diesen vermeintlichen „Lorbeeren“ auszuruhen. Häufig sind es Momentaufnahmen die eher Anlass zu Fragen geben: Können wir nicht noch besser sein? Schöpfen wir unsere Potenziale aus? Sind wir für die Zukunft gut
genug aufgestellt?

Bei der Beantwortung dieser Frage rückt in Potsdam der Standortfaktor „Gewerbeflächen“ unweigerlich in den Fokus. Er ist auf der „Referenzliste“ der Stadt nicht oben zu finden. Daher ist es schwer unter den gegebenen Bedingungen Wirtschaftsförderung im Interesse der Stadt zu betreiben. Es fehlen ganz einfach Ressourcen, um im notwendigen Maß Gewerbeflächenpotenziale aktivieren zu können. Das hat die Stadtverordnetenversammlung mit ihrem Beschluss „Maßnahmenplan zur Sicherung und Aktivierung von gewerblichen Potenzialflächen“ erkannt. Weil es jetzt darauf ankommt, dem Beschluss schrittweise Taten folgen zu lassen, haben der Oberbürgermeister und der Wirtschaftrat zum Workshop „Gewerbeflächenentwicklung in der Landeshauptstadt Potsdam“ am 28. Januar 2016 eingeladen. Ziel ist es, gemeinsam mit Stadtverordneten und Akteuren aus dem Wirtschaftsleben auszuloten, wie entscheidende Rahmenbedingungen für Unternehmensansiedlungen, Gründung und Expansionen am Standort im Interesse der Stadt Potsdam verbessert werden können und was dafür zu tun ist.