
Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,
seit Mai dieses Jahres hat die Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen mich ermittelt. In dieser Zeit habe ich mit der Staatsanwaltschaft kooperiert und auf öffentliche Aussagen zum Verfahren weitestgehend verzichtet. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat die Öffentlichkeit heute Morgen darüber informiert, dass sie mit Zustimmung des zuständigen Amtsgerichts das gegen mich geführte Ermittlungsverfahren eingestellt hat. Ich habe dem zugestimmt. Dies ist mir nicht leicht gefallen.
Es wird Sie nicht verwundern, wenn ich sage, dass die letzten Monate meine Durchhaltefähigkeit auf eine harte Probe gestellt haben. Sich nicht persönlich wegen des laufenden Verfahrens zur Sache zu äußern, obwohl vieles gesagt und geschrieben wurde was es nötig gemacht hätte, es zu kommentieren oder zu dementieren, war für meine Familie und mich eine Belastung. Deshalb bin ich froh, heute etwas erklären zu können. Nach den Erfahrungen der letzten Monate veröffentliche ich hier gleichzeitig die Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft, meiner Anwältin und eine persönliche Erklärung von mir, in der ich meine Bewegründe zur Annahme der Einstellung erläutere.
Ich danke allen, die mir auch in den letzten Monaten zur Seite gestanden haben und bei Vorverurteilungen darauf verwiesen haben, dass es sich um ein laufendes Verfahren handelt.
Ihr
Mike Schubert
Persönliche Erklärung Mike Schubert
Erklärung des Oberbürgermeisters zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat die Öffentlichkeit heute darüber informiert, dass sie mit Zustimmung des zuständigen Amtsgerichts das gegen mich geführte Ermittlungsverfahren eingestellt hat. Ich habe dem zugestimmt. Dies ist mir nicht leicht gefallen.
Die Gründe der Staatsanwaltschaft, die gegen eine Anklage sprachen, kann man der Erklärung der Staatsanwaltschaft entnehmen. Eine juristische Einschätzung meiner Anwältin, Frau Dr. Sandkuhl, liegt ebenfalls vor. Warum ich mich nach Abwägung unterschiedlicher Aspekte dafür entschieden habe, den Vorschlag der Staatsanwaltschaft anzunehmen, möchte ich persönlich erläutern.
Denn es hätte viel dafür gesprochen, die aufgeworfenen Rechtsfragen in öffentlicher Hauptverhandlung klären zu lassen. Meine Anwältin hat dafür plädiert. Auch andere, wie z.B. Transparency International oder andere Amtskollegen kommen in Bezug auf die Repräsentationsaufgaben zu anderen Einschätzungen als die Staatsanwaltschaft dies im Grundsatz tut. Deshalb haben mich andere Oberbürgermeister auch ermutigt, im Sinne einer grundsätzlichen Klärung eine gerichtliche Entscheidung anzustreben. Ich habe davon abgesehen.
Bevor ich die Gründe dafür erläutere, möchte ich noch einmal zum Ermittlungsverfahren Stellung beziehen: Ich bedauere es sehr, dass ich 2018 bei meinem Amtsantritt nicht so sensibel war und die Praxis, wie sie in der Potsdamer Stadtverwaltung jahrzehntelang üblich war, nicht kritisch genug hinterfragt habe. Ich habe die gesamte Zeit deutlich gesagt, dass ich dafür und auch für meine Teilnahmen an Veranstaltungen Verantwortung übernehme. Denn ich habe aus meinem Tun nie ein Geheimnis gemacht.
Auch nicht, als die ersten Vorwürfe gegen mich aufkamen. Ich habe stets bejaht, dass ich Spiele der Potsdamer Sportvereine und auch ansonsten Termine besucht habe.
Ich habe nie behauptet, dass ich nur mal zu dem einen oder anderen Spiel war, um eine Rede zu halten oder eine Urkunde zu übergeben. Denn ich habe in der Zeit von 2019 bis 2023 immer versucht, so viele Termine wie möglich zu absolvieren, um Veranstaltern und Vereinen die Wertschätzung der Stadt für ihr Engagement zu zeigen. Ich habe nicht gewusst, dass ich mit meinen Teilnahmen einen folgenschweren Irrtum begehe.
Zumal es in dieser gesamten Zeit keine Kritik an meinem Handeln gab und auch nicht vorher an dem meiner Vorgänger, das ich 20 Jahre als Stadtverordneter und Beigeordneter miterlebt habe. Ich bin deshalb davon ausgegangen, das Richtige zu tun.
Aber, auch wenn sich die Gesetze in denen die Repräsentation des Oberbürgermeisters steht, in dieser Frage seit meinem Amtsantritt nicht geändert haben, kann ich mich deshalb bei denen, die durch meine mangelnde Sensibilität in Mitleidenschaft gezogen wurden, nur entschuldigen.
Ich habe frühzeitig öffentlich erklärt, dass ich bereit bin, für Karten aufzukommen. Mit der Zahlung der Auflage respektiere ich, dass ich die Praxis, wie sie in der Potsdamer Stadtverwaltung üblich war, nicht rechtzeitig kritisch hinterfragt und verändert habe.
Und ja, ich möchte einen Abschluss des Verfahrens. Dies hat zuvorderst mit den letzten 11 Monaten und vor allem mit den letzten Wochen zu tun: Ich habe in den letzten Monaten immer wieder erlebt, dass einige wenige Berichterstatter rechtliche Bewertungen ohne die abschließende Einordnung der Staatsanwaltschaft oder das Urteil eines Gerichts abzuwarten, vorgenommen haben.
Und dies bei einer Rechtsfrage, zu der es keine rechtlichen Beurteilungsvorbilder gibt. Nicht nur für Brandenburg. Manche gingen aber noch deutlich darüber hinaus. Für meine Familie und mich war es - vor allem weil ein Medium immer wieder berichtete, ohne dass es wirklich neue Erkenntnisse gab - ein Jahr öffentlich vorgetragener anonymer Verdächtigungen, Mutmaßungen und Vorverurteilungen.
Bitte verstehen Sie mich richtig: Eine kritische Berichterstattung ist im Lokaljournalismus wichtig. Hier wird Politik für die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar sichtbar und das Vertrauen in den Rechtsstaat erlebbar. Lokalmedien sind als kritische Seismographen für Kommunalpolitiker wichtig und von Bedeutung.
Und öffentliche Kritik gehört zu einem öffentlichen Amt dazu. Jedoch über einen beschuldigten Politiker – aber eben nicht einen Verurteilten – noch während der laufenden Ermittlung in einem Medium über 100 Artikel mit dem Bezug auf das Verfahren, in weniger als 11 Monaten zu veröffentlichen, ist keine Verdachtsberichterstattung.
Es werden Grenzen überschritten, wenn aus der Ermittlungsakte eines noch laufenden Verfahrens, aus dem Zusammenhang gerissene Chatverläufe wortwörtlich zitiert werden – zum Teil Chatverläufe von Personen, die nicht am Verfahren beteiligt sind.
Aber auch hier betone ich noch einmal: Den Irrtum bei den Teilnahmen habe ich begangen und nicht ein Journalist oder eine Zeitung. Die Grenzüberschreitungen mit Recherchen im Bekanntenkreis, im Arbeitsumfeld meiner Frau, im Umfeld meiner Kinder und der Nutzung von Unterlagen aus einer Ermittlungsakte gehen jedoch zu weit.
Ich musste befürchten, dass es während einer gerichtlichen Klärung so weitergeht. Und dies, obwohl die Staatsanwaltschaft in den letzten Monaten alles dafür tat, trotz des medialen Fokus ein normales Verfahren sicher zu stellen. Dafür möchte ich mich bedanken. Ich danke auch anderen Medien für ihre faire, sorgfältige Berichterstattung, obwohl ich auch dabei sicher nicht alles geteilt habe. Aber das liegt in der Natur der Sache.
Vor allem danke ich aber allen, die in den letzten Monaten zu mir gestanden haben, die mir den Rücken gestärkt haben, mich nicht vorverurteilt haben oder versucht haben, aus der Ermittlung gegen mich politisches Kapital zu schlagen.
Ohne den Rückhalt meiner Familie und Freunde und vieler meiner politischer Freunde in meiner Partei und auch in der Stadtverwaltung hätte ich diese Zeit nicht überstanden und das Amt bisher auch nicht ausführen können.
Nach reiflicher Überlegung bin ich darum zu folgendem Entschluss gelangt:
- Ich will weder meine Frau, meine Kinder und meine Familie, noch unsere Freunde weiter dem Druck aussetzen, den die mediale Begleitung des Verfahrens auf unsere Familie, aber auch auf unser Umfeld seit 11 Monaten ausübt. Dies gilt auch für politische Freunde und sehr viele in meiner Partei, die in den Monaten trotz des medialen Drucks nicht bereit waren, mich vorzuverurteilen oder von mir abzurücken.
Das Wohl der Menschen, die mir viel bedeuten und denen ich viel zu verdanken habe, hat für mich in der Abwägung die höhere Priorität im Vergleich zu einer grundsätzlichen gerichtlichen Klärung über die Fragen der Repräsentation, der Auslegungen der Richtlinien, des Umgangs mit einer jahrzehntelangen Verwaltungspraxis. - Ich will nicht, dass der Potsdamer Sport und die Kultur, denen ich mit meinen Besuchen Wertschätzung zum Ausdruck bringen wollte, bei einer gerichtlichen Klärung der jahrzehntelangen Verwaltungspraxis in Potsdam Schaden nehmen. Ich will nicht, dass demnächst 10 Vereinsverantwortliche und -mitarbeitende auf der Anklagebank sitzen, nur weil sie nichts anderes taten, als sie und ihre Vorgänger in den zwei Jahrzehnten vorher getan haben.
Sie sollen sich ohne Angst vor Verurteilung zu haben, wieder ihrer Arbeit zuwenden können. Ich hoffe, dass unsere neuen Compliance-Regeln auch ihnen dafür ein Stück Sicherheit geben können.
Abschließend: Es geht bei dem was wir in der Kommunalpolitik tun, um die Bürgerinnen und Bürger.
Ich will dafür sorgen, dass die Landeshauptstadt Potsdam in der Öffentlichkeit und auch meine Zusammenarbeit mit der Stadtverordnetenversammlung nicht weiter mit diesem Verfahren belastet werden. Denn wir stehen vor großen Herausforderungen. Wir erleben, so wie die Mehrzahl der Kommunen in Deutschland, auch in Potsdam tatsächlich eine radikale Zeitenwende.
Das heißt, auch in Potsdam müssen wir uns von manchem Geplantem und Versprochenem verabschieden und schwere Entscheidungen diskutieren, abwiegen und treffen. Dabei sind wir nicht die einzige Stadt, so wie bei vielen anderen Fragen von Fachkräftemangel bis Digitalisierung.
Aber: Meine Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung, die Stadtverordneten, Beigeordneten und ich haben trotz mancher Diskussion in den letzten Jahren bewiesen, dass wir Krisen lösen und gleichzeitig die Stadt voranbringen können, sodass die Zufriedenheit der Potsdamerinnen und Potsdamer in Umfragen seit Jahren dennoch auf hohem Niveau geblieben ist.
Ich möchte mit meiner Erfahrung aus fast drei Jahrzehnten Kommunalpolitik und meiner langjährigen Verwaltungserfahrung in den nächsten zwei Jahren meiner Amtszeit meinen Beitrag leisten um mit den Stadtverordneten und den Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung die schwierige Situation zu meistern.
Wir müssen die Stadtfinanzen konsolidieren, die begonnenen Veränderungsprozesse in der Verwaltung und auch die nötige Stabilisierung und Modernisierung der kommunalen Unternehmen zu einem sichtbaren Ende führen.
Dafür haben mich die Potsdamerinnen und Potsdamer gewählt.
Downloads
- Pressemitteilung der Rechtsanwältin Dr. Sandkuhl zum Ermittlungsverfahren
- Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Neuruppin zum Ermittlungsverfahren