Dokumentation: Der städtebauliche Wettbewerb...

Dokumentation: Der städtebauliche Wettbewerb...

Der städtebauliche Wettbewerb für die Neugestaltung des Brauhausberges im Herzen der Landeshauptstadt Potsdam ist beendet. Am Freitag, dem 1. März 2013, hat die Fachjury unter Vorsitz von Prof. Heinz Nagler, Architekt und Stadtplaner aus Cottbus, den Entwurf der Planungsgemeinschaft Löffler/Engel einstimmig als besten Beitrag gekürt. Das Ergebnis stand am Abend nach mehr als zehnstündiger Sitzung des Preisgerichtes fest, an der auch Stadtverordnete aus den Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung teilgenommen haben. Die prämierte Arbeit der Potsdamer Bürogemeinschaft wird nun Grundlage der weiteren Erarbeitung des Bebauungsplanes für das Gebiet am Brauhausberg sowie für den folgenden Realisierungswettbewerb der Stadtwerke für das neue Sport- und Freizeitbad. Insgesamt lagen 14 Arbeiten zur Bewertung vor. Die Jury hat zudem einen zweiten Preis vergeben sowie zwei Anerkennungen.

Der Siegerentwurf der Potsdamer Planungsgemeinschaft sieht derzeit 176 Wohnungen zwischen Max-Planck-Straße und heutigem Landtag in einzelnen Stadtvillen vor sowie den Neubau eines Sport- und Freizeitbades am Fuß des Brauhausberges. Die Parkflächen für die Wohnungen sowie das öffentliche Bad sind größtenteils unterirdisch vorgesehen.

Im Wettbewerb, in dem die Arbeiten anonymisiert bewertet wurden, gab es zahlreiche Varianten der Bebauung. Der prämierte Entwurf hat am meisten überzeugt. Die Anzahl der Wohnungen bei den einzelnen Arbeiten variierte zwischen 148 und 350. Der Siegerentwurf ist einer der Arbeiten mit der geringsten Bruttogeschossfläche. Neben Prof. Heinz Nagler waren die Architekten Prof. Anett-Maud Joppien, Christoph Kohl, Prof. Jan Kleihues und Martin Reichert sowie Landschaftsarchitekt Martin Seebauer Fachjuroren.

Mit der Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam vom 6. Juni 2012, das Sport- und Freizeitbad am Fuß des Brauhausberges nördlich der Max-Planck-Straße zu entwickeln, wurde die städtebauliche und landschaftsarchitektonische Neuordnung dieses wichtigen Stadtraums notwendig. Der Wettbewerb verlangte ein hohes Maß an städtebaulicher Einbindung in die vielfältigen besonderen Bedingungen des Standortes am Brauhausberg. Mit dem Wettbewerb sollte ein städtebaulich-landschaftsarchitektonisches Konzept entwickelt werden, das eine qualitativ hochwertige Einbindung des Badneubaus sowie des geplanten Wohnquartiers in die bestehende Stadtstruktur aufzeigt. Ziele des städtebaulichen Wettbewerbs waren die optimale Einbindung des Sport- und Freizeitbades, ein optimales Erschließungskonzept für das Bad sowie die qualitätsvolle urbane Einbindung zusätzlichen Wohnungsbaus mit 150 bis 200 Wohneinheiten. Das Büro „Fiebig Schönwälder Zimmer - Architektur + Stadtplanung" hat im Auftrag der Landeshauptstadt den Wettbewerb durchgeführt.

Alle 14 Wettbewerbsbeiträge wurden in einer Sonderausstellung vom 9. bis 23. April 2013 in den Bahnhofspassagen Potsdam gezeigt. Präsentiert wurden verschiedene Grafiken der einzelnen Wettbewerbsteilnehmer sowie Modelle des Brauhausberges nach den jeweiligen Entwürfen.

Die Jury

Stimmberechtigte Fachpreisrichter: Prof. Heinz Nagler (Stadtplaner / Architekt, Cottbus), Prof. Anett Maud Joppien (Architektin, Potsdam), Christoph Kohl (Architekt, Berlin), Prof. Jan Kleihues (Architekt, Berlin), Martin Seebauer (Landschaftsarchitekt, Berlin), Martin Reichert (Architekt, Berlin)

Stimmberechtigte Sachpreisrichter: Matthias Klipp (Beigeordneter für Stadtentwicklung und Bauen, Landeshauptstadt Potsdam), Andreas Goetzmann (Leiter des Fachbereichs Stadtplanung und Stadterneuerung), Wilfried Böhme (Geschäftsführer Stadtwerke Potsdam GmbH), Saskia Hüneke, (stellvertretende Ausschussvorsitzende Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen), Ute Sello (Geschäftsführerin, Bäderlandschaft Potsdam GmbH)

Das sagt die Jury zum Siegerentwurf

Dem städtebaulichen Entwurf gelingt es trotz uneingeschränkter Erfüllung des Bauprogramms den eigenständigen, landschaftlich geprägten Charakter des Brauhausberges sowie seine stadtgeschichtlich bedeutsame Präsenz im Stadtraum sehr weitgehend zu erhalten. Dies wird insbesondere durch die geschickte Anordnung des Schwimmbades erreicht, welches dezidiert aus der Hauptblickachse nach Westen gerückt ist und so den städtebaulichen „Prospekt" unverstellt belässt. Indem sich der  Baukörper des Bades auf die Flucht des östlichen Kopfbaus der gegenüberliegenden Speicherstadt bezieht, führt er diese neue Stadtkante bewusst fort und bringt sie zugleich zum klaren Abschluss. Die westlich und östlich platzierten Außenbereiche des Bades werden durch Aufschüttungen um 3 m angehoben und so von der Straßenebene wirkungsvoll getrennt. Pergolen formulieren als Gartenarchitektur die äußere Begrenzung der Außenanlagen zur Leipziger Straße und Heinrich-Mann-Allee und interpretieren damit gekonnt ein ortstypisches Motiv neu.

Das neue Wohnquartier im südlichen Areal knüpft in freier Form an die Bebauungsgeschichte des Brauhausberges an. Villenartige Einzelhäuser stehen so auf Lücke, dass die Dominanz und Kontinuität des grünen Hangs gewahrt bleibt, jedoch auch ein klar definiertes Baufeld entstehen kann. Die Höhe der Häuser respektiert die baukörperliche Präsenz des ehemaligen Landtagsgebäudes, die Typologien beziehen sich auf die für Potsdam signifikanten Belvedere-Villen mit differenzierten Volumen und baulichen Akzenten. Mit ca. 175 Wohneinheiten ist das Südareal zu Gunsten einer starken Durchgrünung und mannigfaltigen Durch- und Ausblicken vergleichsweise gering ausgenutzt, was ausdrücklich begrüßt wird. Durch Wegfall des vorgeschlagenen zeilenförmigen Wohngebäudes an der Straße „Brauhausberg" besteht die Option das Restaurant Minsk baulich zu erhalten.

Verkehrskonzept
Der Haupteingang in das Stadtbad ist prägnant über einen klar definierten Vorplatz an der Ecke Leipziger Straße / Heinrich Mann Allee in Richtung Hauptbahnhof und historische Stadt richtig orientiert. Die Max-Planck-Straße wird für die Erschließung des Wohnquartiers sowie für die rückseitige Andienung des Bades für Schülergruppen sowie die Ver- und Entsorgung genutzt. Oberirdische Stellplätze sind in voller Länge der Straße beigeordnet. Die Stellplätze für das Schwimmbad befinden sich in einer Tiefgarage, die über die Leipziger Straße funktional gut erschlossen wird. Die Stellplätze für die Wohnbebauung liegen hangseitig im Südareal mit Erschließung von der Straße Brauhausberg. Das Verkehrskonzept und die Erschließung des Bades erscheinen dem Preisgericht schlüssig.

Badkonzept
Alle Funktionsbereiche sind in ausreichender Größe und sinnvoller Zuordnung abgebildet. Der kompakte Baukörper verspricht eine hohe Energie-Effizienz. Bei den Nebenbereichen bestehen hohe Synergieeffekte, die sich günstig auf den Betrieb auswirken werden. Der Haupteingang ist gut an den ÖPNV angebunden, ein separater Zugang für Schülergruppen ist ergänzend über einen rückseitigen Zugang von der Max-Planck-Straße möglich. Die großzügig dimensionierten Außenbereiche sind sinnvoll ausgerichtet und unmittelbar zugänglich. Durch eine weitere Nutzung des Nordareals in voller Größe bestehen perspektivisch Erweiterungspotentiale.

Hinweise zur Realisierbarkeit
Die bauliche Realisierung des Süd- und Nordareals ist wie gefordert in 2 Bauabschnitten möglich ohne den Betrieb des Bades in der 1. Phase nennenswert einzuschränken oder zu beeinträchtigen.

Immobilienwirtschaftliche Betrachtung
Das vorgelagerte Bad schirmt als Puffer einen großen Teil des Wohnquartiers vor Verkehrsemissionen ab. Die relative Kleinteiligkeit der Bebauung in Form von Stadtvillen ermöglicht eine flexible Realisierung und erleichtert die Vermarktung. Der Wohnungsmix ist im Zuge der weiteren Planung zu diversifizieren. Für eine größere Zielgruppenvarianz fehlen insbesondere große und sehr große Wohnungen. Positiv zu werten ist die große Privatheit des Wohnquartiers sowie die gefragte Typologie hochwertiger Stadtvillen in einem parkähnlichen Gelände.

Resumé
Insgesamt überzeugt die Arbeit durch ihre sehr gute funktionale und die intelligente städtebauliche Ausarbeitung sowie durch die geschickte Moderation divergierender Anforderungen. Der Entwurf stellt eine hervorragende Basis für den nachfolgenden hochbaulichen Realisierungswettbewerb für das Sport- und Freizeitbad dar.