Der unvollendete Mensch, Rob und Léon Krier, 1993

Bronze, Trachyt; Plastik 170cm (H); Postament 450cm (H), 150cm (B), 150cm (T)

Von kräftiger Statur zeigt sich die auf einen Postament erhobene Bronzeplastik Der unvollendete Mensch. Das realistische Muskelspiel der kraftvollen Brust- und Rückenpartien stützt wie ein Gelenk den sich nach links wendenden Torso eines Menschen. Durch die leichte Verdrehung erfährt die Figur Spannung und Dynamik, die an Skulpturen der griechischen Antike erinnern. Die starken Schultern schwingen dazu in einer harmonischen Linie bis zu den Armansätzen. Doch ist die Menschwerdung nicht vollendet. Das Nonfinito eines Torso kann als Ausdruck von Gewalt oder Zerstörung betrachtet werden. Doch hier zeigt sich vielmehr die Vollendung und Harmonie in einer reduzierten aber realistischen Darstellung, die ohne Gliedmaßen auskommt. Das Gesicht offenbart zudem einen in sich gekehrten würdevollen Mann, der über sein Werk sinniert.

Dem unvollendeten Menschen von Rob Krier (*1938) kommt eine städtebauliche Funktion zu, denn der Torso am trichterförmigen Eingangsplatz leitet den Fußgänger in das Zentrum eines der größten Wohnungsbauvorhaben der neuen Bundesländer der 1990er Jahre: das Kirchsteigfeld. Darüber hinaus symbolisiert der auf Léon Kriers (*1946) Postament erhobene Mensch die dem Wohngebiet zugrunde liegende Idee der Architekten und Städtebauer: Der Mensch ist das Maß für diese Stadt. Kommunikationsfähigkeit zwischen Alltagsleben und Stadttourismus auf Straßen und Plätzen mit menschlichen Proportionen, und größtmögliche architektonische Vielfalt, welche zugleich Licht und Luft in die Wohnungen und den Innenhöfen lässt. Die Gewichtung auf den geförderten Wohnungsbau und die städtebaulichen Übergänge zur umliegenden Landschaft waren Prämissen der Erbauer für die Planung dieses Wohngebietes. Der auf das Postament Erhobene wird mit dem ihm zu Füßen liegenden Stadtbild, in Form eines aufgeschlagenen Buches, in den Rang eines Denkmals erhoben. Pyramidaler Aufbau und Strenge, stille Größe und Würde nehmen Bezug zur Denkmalkultur des Klassizismus. Zugleich orientiert sich das Gesamtkunstwerk aus Stadtplanung, Architektur und Plastik an den städtebaulichen Vorstellungen des Barock. Die Bronzeplastik Der unvollendete Mensch leitet wie ein Symbol in die Wohnstadt Kirchsteigfeld ein und lässt vorab erahnen, dass die anschließende Urbanität bezeichnend für ein Zusammenleben ist, welches die Idealvorstellungen der Städteplaner seit der Antike beschäftigt.

Adresse

Der unvollendete Mensch
Eleonore-Prochaska-Straße/
Ricarda-Huch-Straße
14480 Potsdam
Deutschland