Von der Traumfabrik zum Film- und Medienstandort Potsdam-Babelsberg

    2011 feiert Potsdam den Film. Die Landeshauptstadt, das Filmmuseum Potsdam, die Hochschule für Fernsehen „Konrad Wolf, der Filmpark Babelsberg, das Deutsche Filmorchester Babelsberg und viele andere Akteure der Stadt blicken zurück auf die fast hundertjährige Filmtradition der Stadt. Über 130 Veranstaltungen bilden die Geschichte, die Vielfalt und das Potential dieser Film- und Medienstadt ab. Open-Air-Filmvorführungen, Ausstellungen, Filmfestivals, Premierenfeiern, speziellen Stadtführungen, Tagungen und Kongressen sind einige der zahlreichen Highlights im Filmjahr 2011.

    Im November des Jahres jährt sich die Grundsteinlegung des ersten Ateliers in Babelsberg zum 100. Mal. Als der Filmpionier Guido Seeber 1911 für die Deutsche Bioscop GmbH ein geeignetes Grundstück im Berliner Umland sucht, wird er in Neubabelsberg fündig.

    »Rings um dieses Gelände befand sich ein ziemlich weites, völlig freies Feld, so daß die Sonne in der Tat von früh bis spät das Grundstück beschien. Der Zustand des Gebäudes selbst war beinahe baufällig, nur wenige Fensterscheiben und Türen usw. waren vorzufinden, so daß eine völlige Renovation erforderlich wurde. Aber die Umstände, dieses Gebäude für eine Filmfabrikation herzurichten, erschienen außerordentlich günstig. Erstens bot die Staatsbahn eine dreifache und schnelle Verbindung. Weit ringsherum waren keine Wohnhäuser zu finden, so daß selbst bei einem Brande die Umgebung nicht gefährdet werden konnte. Die Lage des Grundstückes, von dem ein Giebel direkt nach Süden zeigte, ließ die Errichtung eines Glasateliers als Verlängerung des Gebäudes ratsam erscheinen, denn es würde dann von früh bis spät immer unter Sonne, d.h. dem günstigsten Licht stehen.« (Guido Seeber: Als Babelsberg entstand. Filmtechnik-Filmkunst, Nr. 3, 1930).

    Wie viele Filmfirmen ist auch die Bioscop von Film-Pionier Guido Seeber wegen der leicht brennbaren Filmmaterialien aus der kaiserlichen Reichshauptstadt Berlin von Amts wegen vertrieben worden - aber er nutzt die Krise als Chance. Im Herbst 1911 findet der technische Leiter Seeber, das für die Filmproduktion geeignete Areal, im Winter 1911/12 errichtet die auf den Bau von Photoateliers spezialisierte Charlottenburger Firma H. Ulrich nach seinen Anweisungen ein ebenerdiges Glashaus von 15 x 20 m Grundfläche. Am 12.2.1912 wird das Atelier mit der ersten Aufnahme zum Asta-Nielsen-Film „Der Totentanz" eingeweiht. Nielsen ist der europäische Star der 1910er Jahre.

    Die Ufa übernimmt 1922 die Führung in Neubabelsberg und entwickelt das Studio zum lebendigsten, innovativsten und größten in Europa. Der Produzent Erich Pommer regt als kreativer Meister Glanzstücke des bis 1929 noch stummen Films an, u. a. „Die Nibelungen" (1922/24, R: Fritz Lang) und „Der letzte Mann" (1924, R: Friedrich Wilhelm Murnau). Mit „Der blaue Engel" (1930, R: Joseph von Sternberg) beginnt Marlene Dietrichs Weltkarriere in Babelsberg. Nach 1933 übernimmt der Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels die Regie und verpflichtet das Studio auf Unterhaltung und wenige, aber wirkungsvolle Propagandastreifen. 1943 feiert die Ufa ihr 25-jähriges Bestehen mit „Münchhausen" (R: Josef von Baky), einem Feuerwerk an Ausstattung, Stars und Witz. Mit gigantischem Aufwand wird der Agitationsfilm „Kolberg" (1943/45, R: Veit Harlan), der teuerste Film der Nazizeit, fertiggestellt.

    Noch vor der DEFA-Gründung im Mai 1946 wird in Babelsberg der erste deutsche Film der Nachkriegszeit gedreht, „Die Mörder sind unter uns" (R. Wolfgang Staudte) mit Hildegard Knef. Nach der DDR-Gründung wird die DEFA Monopolbetrieb im Osten Deutschlands und bleibt dies bis 1990. Die Kinder- und Märchenfilme sind legendär und werden weltweit exportiert. Gelungene antifaschistische Filme wie „Ich war 19" (1968, R: Konrad Wolf) oder „ Jakob der Lügner" (1974/5, R: Frank Beyer), Gegenwartsfilme wie „Die Legende von Paul und Paula" (1973, R. Heiner Carow), die Millionen bewegen oder Indianerfilme, die seit 1966 die Kinos füllen, stehen auf der Haben-Seite.

    Der französische Großkonzern Compagnie Générale des Eaux (CGE, später: Vivendi) erhält 1992 von der Treuhand den Zuschlag für den Kauf des Studios, die neue Firma heißt Studio Babelsberg GmbH. Regisseur und Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff ist bis 1997 einer der Geschäftsführer der neuen Firma. Für den Erfolgsfilm „Sonnenallee" (1998, R: Leander Hausmann) entsteht auf dem Außengelände ein Straßenzug, der für später produzierte Filme immer wieder umgebaut wird. Hier entsteht u.a. „Der Pianist" (2001, R: Roman Polanski), der mit mehren Oscars geehrt wird.

    Ufa und Grundy Ufa haben ihren Sitz in Babelsberg und produzieren Fernseh- und Kinofilme. Seit der Jahrtausendwende entwickelt sich das Studio zum Dienstleistungszentrum für amerikanische Großproduktionen. Schauspieler wie Matt Damon und Kate Winslet, Regisseure wie Quentin Tarantino oder Roland Emmerich drehen hier. Seit 2004 wird das Studio von zwei Münchner Investoren geführt, seit 2005 als Aktiengesellschaft. Die Stellung Berlin-Brandenburgs als Medienregion Nummer eins in Deutschland wird maßgeblich durch die Vielfalt in der Film- und Medienstadt Potsdam-Babelsberg bestimmt. Hier wirken das Studio Babelsberg mit internationaler Ausstrahlung, die Grundy-Ufa als eines der größten und modernsten Unternehmen der Serien- und Fernsehproduktion, der rbb - Rundfunk Berlin-Brandenburg, das medienboard Berlin Brandenburg und viele weitere große und kleine Unternehmen für jeden Schritt der Medienentwicklung und -produktion. 2011 wird gemeinsam gefeiert.