Stehender Akt, Künstler unbekannt, um 1970

Sandstein, H 230 cm

Mit kräftigen Proportionen erhebt sich die Figur und lässt ihr Volumen in den Raum hineinwirken. Wie gerade dem Bade entstiegen, hebt sie ihren linken Arm über dem Kopf, um mit der Hand das lange nasse Haar nach hinten zu streichen. Gleichzeitig betont sie damit die Präsenz ihres Leibes. Das Haar wirkt wie eine starre Kappe, welche die Figur nach hinten hin abschließt und mit dem rechtwinklig erhobenen Arm bildet es einen formalen Gegenpart zum gegenüberliegenden Winkel des Steinblockes, aus der sich die Figur herausschält. Dort scheint es, als greift die linke Hand nach einem Handtuch, dessen Massen sich vom Grund her aufbauen. Der linke Arm zeigt sich nicht nur in seiner Kantigkeit unvollendet, die Hand geht auch in dem Steinblock über und verbindet sich bis zum Sockel.

Beim Umschreiten der Skulptur kann der Betrachter den Wechsel eines auf Frontalität ausgerichteten Aktes erkennen. Während die Vorderseite deutlich die Rundungen von Brüsten, Bauch und Becken sowie anatomische Details aufweist, zeigt sich die Rückseite kantig und minimiert. Das stilisiert ausgearbeitete und flach wirkende Gesicht zeigt einen in sich gekehrten Blick. Zusammen mit der Monumentalität und Frontalität der Figur weist das Gesicht archaisierende Züge auf. Die Skulptur zeigt einen Kontrast zwischen formaler Geschlossenheit und sich vorsichtigem Öffnen. Dabei scheint sich die Ausarbeitung auf das Sinnliche zu konzentrieren, was sich in der vollen Weiblichkeit und der sinnlichen Körperhaltung zeigt. Zugleich kann man den Prozess des Herauswachsens der Figur aus dem Block erkennen, welcher ursprünglich jeder bildhauerischen Arbeit, dem Bossieren, zugrunde liegt.

Das reduziert und blockhaft ausgearbeitete Bildthema besteht ohne politischen Inhalt. Während archaische Kunst sich zu mehr Vollkommenheit und plastischen Details entwickelte, zeigt diese Ausarbeitung des Themas Mensch in Form des Aktes eine gegenläufige Tendenz: die Entfernung vom Realismus vergangener Jahrzehnte hin zu den für die 1970er Jahre typisch üppigen Proportionen und raumgreifenden Volumen in Sandstein. Zugleich verdeutlicht die Skulptur eine der elementaren Darstellungsarten in der Bildhauerei: Stehen.

Adresse

Stehender Akt
Charlottenstraße 72
14467 Potsdam
Deutschland