Stehende unter Baldachin, Jürgen von Woyski, um 1975

Steinzeugkeramik, H ca. 430 cm, D 180 cm

In der begrünten Fußgängerzone des Staudenhofs, zwischen Wohnhaus und ehemaligem Institut für Lehrerbildung, befindet sich Jürgen von Woyskis (1929-2000) Plastik Stehende unter Baldachin. Der gelernte Steinmetz und Plastiker fertigte dieses Kunstobjekt um 1975 im VEB Steinzeugwerk Krauschwitz II bei Muskau.

Die Fabrik bot ihm die Möglichkeit, die dort in Produktion befindlichen Abwasserrohre und Rohstoffe für eigene Zwecke zu bearbeiten und zu brennen. Das Ergebnis dieser außergewöhnlichen Materialwahl sind zahlreiche Brunnenskulpturen, Pflanztürme und figürliche Darstellungen in verschieden Städten der ehemaligen DDR.

Jürgen von Woyskis ungewöhnliche Plastik besteht aus zwei Teilen: Eine individuell geformte Frauenfigur und ein durch industrielle Formgebung charakterisierter Baldachin. Ein Baldachin wurde ursprünglich im sakralen Kirchenbau als dachartiger Aufbau zur Hervorhebung einer geweihten Stätte oder als schirmartiges Dach für Gewändefiguren gebraucht. Im profanen Bereich diente er als Zierdach für opulente Betten. Jürgen von Woyskis Baldachin krönt hingegen eine halb nackte Frauenplastik.

Die reduziert ausgearbeitete Figur hebt ihre Arme zum Hinterkopf, um sich die Haare zu richten. Gesicht und Brüste sind stilisiert und der nackte Oberkörper zeigt kaum anatomischen Details. Um die Hüfte trägt die Frau ein locker gewickeltes Tuch, welches eine schräg verlaufende kräftige Faltung aufweist. Die streng vertikal angeordneten Falten am Fußende erinnern bisweilen an die Kanneluren antiker Säulen. Das die Plastik rahmende Gestell setzt sich aus drei senkrecht aufgestellten Röhren zusammen, die über 90 Grad Bögen zu einem Baldachin zusammengeführt werden. Während die drei Rundpfeiler glatte Oberflächen besitzen, sind die Muffen und abgebogenen Röhren mit schmalen Linien verziert und zusätzlich glasiert. Bekrönt wird der Baldachin durch eine aufgesetzte Krone aus stilisiertem Blattwerk und hauchdünnen Einritzungen an der Oberfläche. Die Krone bildet somit den gestalterischen Höhepunkt, unter dessen Mitte sich die Frauenplastik befindet.

Jürgen von Woyskis Stehende unter Baldachin zitiert antike Formen, christliche und profane Inhalte und lässt viel Spielraum für Interpretationen offen. Die Art der Gestaltung und die Verwendung des Materials entspricht der Bildhauerkunst der 1970er Jahre.

Adresse

Stehende unter Baldachin im Staudenhof
Am Alten Markt
14467 Potsdam
Deutschland