Sportlerin mit Reifen, Dietrich Rohde, 1976

Eine überlebensgroße Sportlerin mit Reifen beherrscht die Umgebung ihres Aufstellortes. In ihrer Kür innehaltend, hebt sie die kräftigen Arme zu einer bedachtsamen Pose. Während die linke Hand den Reifen greift, streckt sich die rechte geöffnete Hand gen Himmel. Durch die gestreckte Haltung ergeben sich zwei parallel verlaufende Körperlinien, die als äußere Kurven von den Fingern der erhobenen Hände bis zu den Füßen entlangfließen und sofort erkennt der Betrachter die vorherrschende Harmonie in der Körperhaltung.

Diesen Eindruck unterstreicht die glatte Körperoberfläche der weich geschwungenen Formen. Der leichte Kontrapost und der daraus folgenden Gewichtsverlagerung haucht der Figur Lebendigkeit ein, es ist genau der Moment nach und vor der Bewegung. Die geöffnete Hand des gestreckten rechten Armes zeigt sich als Gegengewicht zum leicht angewinkelten linken Spielbein. Dieses Gegeneinanderspielen von Standund Spielbein entspricht einem seit der griechischen Antike angewendeten Prinzip der Harmonisierung der beiden Körperhälften in der Plastik und lässt sofort an den Betenden Knaben denken. Auch Körperhaltung und Gestus erinnern an die berühmte Bronzestatue, doch will die Sportlerin von Dietrich Rohde (1933-1999) wohl nicht die vermuteten Götter, sondern den Sport verehren. Ihre Hingabe zeigt sich in ihrer Nacktheit sowie in den erhobenen Armen. Der leicht gehobene Kopf mit dem in feinen Linien auf die Schultern herabhängenden Haar sowie das gen Himmel gerichtete Gesicht unterstützen die Aufrichtigkeit in der Haltung der Sportlerin. Die stilisierten Gesichtszüge zeigen eine Frau, die mit fast geschlossenen Augen konzentriert und innehaltend in ihrer Position verharrt, bereit, die nachfolgende Kür selbstbewusst zu meistern.

In der Bronzefigur vereinen sich sowohl das in der DDR propagierte und typisierte Ideal einer Sportlerin, wie auch die durch kraftvolle weibliche Rundungen geformte Ästhetik eines Aktes und das griechisch klassische Ideal, welches die Ausgewogenheit von Körper und Geist anstrebt.