Nike 89, Wieland Förster, 1999

Neben der Glienicker Brücke triumphiert seit dem 10. November 1999 auf einer Granitsäule die Nike 89 als Symbol des Sieges und des Friedens. Dem Thema Mensch verpflichtet, schuf der Bildhauer Wieland Förster (*1930) die Bronzeplastik anlässlich des 10. Jahrestages der Öffnung der Schlagbäume an dieser Stelle. Mit dieser Geste soll an den Fall der Berliner Mauer aber auch an die Menschen erinnert werden, die sich für die Demokratisierung in der DDR eingesetzt haben.

Aufsteigend aus Feuer und Sturm zeigt sich die vergoldete Plastik als eine gestreckte gen Himmel strebende Figur. Leuchtend symbolisiert sie das Sieghafte und wird zum Zeichen für den ungebrochenen Lebenswillen. Aber weil es keine Siege ohne Opfer gibt, ist Nike 89 nicht nur als triumphierende, sondern als eine von Freud und Leid geprägte Figur dargestellt. Irritierend wirkt die Torsohaftigkeit mit der unebenen Körperoberfläche und der Schulterbereich mit zerfetzten Flügelresten ohne Halsansatz vervollkommnt den Eindruck des Leidens. Der Torso dient dem Künstler als Methode zur Veranschaulichung von Zerstörung und Gewalt, aber auch das Unzerstörbare und Sinnliche einer Frau spiegelt diese Figur wieder. Ein Widerspruch, der sich als Riss im oberen Bereich zeigt, veranschaulicht zugleich die Teilung Deutschlands und den Prozess des Zusammenwachsens. Dass dieser Prozess von Höhen und Tiefen geprägt ist, zeigt die für Wieland Förster typische Verlandschaftung in der Figur: In einem hügeligen Auf und Ab bewegen sich rhythmisch die Volumen. Jener Form liegt die Eiform zugrunde, welche der Künstler 1964/65 als Kern aller aus Volumen aufgebauten Plastiken entdeckte. Während die untere stumpfe und breite ovale Form Sinken und Schwere demonstriert, verdeutlicht die Umkehrung zur Spitze Aufstreben und Überwindung der Erdenschwere. In der Nike 89 verschmelzen diese Charaktere durch verschieden gegeneinander gesetzten Formen zu einem bewegten Organismus, der sowohl zum Sinnbild für das Leben als auch dessen Zerbrechlichkeit wird.

Die Bronzeplastik Nike 89 verdeutlicht in Form, Tektonik und Stil die leidvolle aber hoffnungsvolle Geschichte, die mit ihrem Aufstellort verbunden ist. Die Freiheit ist wiedergewonnen und der Zeithintergrund hat sich geändert, geblieben ist die Mahnung Wieland Försters an die Bewahrung der Demokratie.