Natur und Technik, Werner Nerlich, 1970

Aluminiumband mit Reliefteil, D 650 cm

An der Giebelfassade der Schwimmhalle am Brauhausberg verkündet eine Wandplastik von der Einheit von Natur und Technik. Die Gestaltung der zwischen 1969 und 1971 errichteten Schwimmhalle geht mit der Forcierung der Synthese von Architektur und bildender Kunst an öffentlichen Gebäuden einher. Mithilfe dieser Darstellungsform sollten politische Botschaften vermittelt oder Fortschrittsutopien illustriert werden. Im Zeitalter der wissenschaftlich-technischen Revolution prophezeite dieses Wandbild, wenn auch dezent, den technologischen Fortschritt des Sozialismus, so dominiert an der linken Seite eine riesige strahlende Sonne, deren Kern ebenso als die Nutzung der Atomenergie verstanden werden kann. Während den verdichteten Kern Sonnenstrahlen und stilisierte Flammen umgeben, finden mehrere Strahlenbündel ihren Weg in die Umgebung. Die Sonne verweist auf eine leuchtende Zukunft und wird dabei von einem Sputnik begleitet, der wiederum als Symbol für den Fortschritt und die Eroberung des Weltraumes steht.

An der rechten Seite wird das Ensemble durch eine überlebensgroße Frauenfigur vervollständigt. Das Rund der Sonne nachahmend, umschwebt sie scheinbar schwerelos den Raum. Geschwungene
Linien aus Metallband verbinden sich zu einem elegant gebogenen Körper. Die kraftvollen Kurven an Schultern, Armen und Beinen sowie Bauch werden von weiteren Linien begleitet, die das Umspülen des Körpers vom Wasser andeuten. Während sich die gestreckten Beine innerhalb des Ensembles bewegen, durchbrechen die grazil erhobenen Arme einen doppelwandigen Kreisbogen, welcher die gesamte Szenerie rahmt. Letzterer korrespondiert zugleich mit dem konkaven Schwung des Daches der Schwimmhalle. Das schöne Gesicht, die mit nur wenigen Linien angedeuteten Rundungen von Brüsten, Bauch und Po und die Bewegungsfreude verkörpern nicht nur eine weibliche Ästhetik, sondern auch jenes sozialistische Ideal eines physisch gesunden und geistig aktiven Menschen, der seine Kraft aus dem Sport schöpft. Dieses an sich klassische Ideal verbanden der Künstler Werner Nerlich (1915-1999) und der Kunstschmied Karl-Heinz Hantel zu einem grafisch-linear gestalteten sozialistischen Kosmos aus Metall, bei dem Mensch, Sport, Natur und Technik eine Einheit bilden.

Adresse

Natur und Technik
Max-Planck-Straße 10
14473 Potsdam
Deutschland