Gedenkstätte Lindenstraße - authentischen Ort erhalten und ausbauen

Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer

kaum ein Gebäude Potsdams steht so beispielhaft für die wechselvolle Geschichte des vergangenen Jahrhunderts wie das Haus in der Lindenstraße 54, heute: Gedenkstätte Lindenstraße. Eigentlich als Wohnhaus 1737 errichtet, fasste es von 1933 bis 1989 auf einzigartige Weise die Kontinuität politischer Verfolgung mit der Geschichte der Überwindung der SED-Diktatur in der friedlichen Revolution 1989/90 zusammen. Vor kurzem haben wir gemeinsam mit dem Land Brandenburg einen Neuanfang beschlossen, der diesen geschichtsträchtigen Ort noch stärker ins Bewusstsein der Potsdamerinnen und Potsdamer rücken soll. Der Tag der offenen Tür am 9. Juni soll dies schon einmal bildlich machen.

Wichtig erscheint mir dabei, dass deutlich wird, dass es sich um einen authentischen Ort handelt, der zwei Diktaturen und den Aufbruch in eine neue Zeit verknüpft. Unvergessen bleibt nämlich, dass 1990 aus dem "Haus des Terrors" das "Haus der Demokratie" wurde. Geschichte und Entwicklung wollen wir Schritt für Schritt in kleinen wie großen Ausstellungen dokumentieren. Bisher ist schon eine beeindruckende Arbeit im Bereich der Zeitzeugenforschung, aber auch bei der Beratung und Betreuung von Opfern geleistet worden. Ich finde, die Mitarbeiter vor Ort haben eine großartige Arbeit verrichtet. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle einmal ganz herzlich bedanken!

Nun kommt die Unterstützung durch Bund und Land dazu, damit die inhaltlichen und räumlichen Bedingungen weiter verbessert werden können. Es freut mich, dass wir die Fördergemeinschaft Lindenstraße mit ihrem Vorsitzenden Claus-Peter Ladner an unserer Seite wissen. Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, teilen sich die Landeshauptstadt und das Land Brandenburg künftig die Kosten von 600.000 Euro pro Jahr und statten das Haus mit 4,5 Personalstellen aus. In diesem Jahr soll zudem eine neue Trägerschaft entwickelt und umgesetzt werden.

Dadurch besteht jetzt die große Chance, der Gedenkstätte die Unabhängigkeit und die finanziellen Ressourcen zu geben, die sie für eine dauerhaft gute Arbeit benötigt. Dabei steht für mich vor allem die Unabhängigkeit im Mittelpunkt.

NKWD- und KGB-Zeit, Stasi und Aufbruch 1989/90 sind inzwischen hervorragend aufgearbeitet. Nun kommt das NS-Modul mit der Zeit zwischen 1933 und 1945 dazu, als Verfolgte des Nazi-Regimes dort durch die politische Strafjustiz verurteilt oder vom Potsdamer Erbgesundheitsgericht zur Zwangssterilisation gezwungen wurden. Die Aufarbeitung der Geschichte des Hauses ist dann abgeschlossen.

Soeben haben wir die dafür notwendige Stelle besetzt, damit die Arbeit so schnell wie möglich fertiggestellt werden kann. Die räumlichen Bedingungen sind jetzt gut: Es ist gelungen, die schwierige Situation zwischen dem Denkmalschutz des Gebäudes und dem Erhalt der geschichtlichen Authentizität zu lösen. Das gibt uns die Gelegenheit, uns nun ganz auf die inhaltliche Ausgestaltung des Ortes zu konzentrieren. Mein großer Wunsch ist, besonders jungen Leuten die Geschichte näher zu bringen. Das Beispiel der schon bestehenden Schülerwerkstatt, an der sich noch mehr Schulen beteiligen können, ist großartig. Denn nirgendwo sonst in unserer Landeshauptstadt hat sich auf so engem Raum so viel Tragisches, aber auch Hoffnungsvolles abgespielt.

Ich kann Sie alle, liebe Potsdamerinnen und Potsdamer nur aufrufen: Besuchen Sie das Haus. Es liegt mitten in unserer Stadt. Dort spiegelt sich unsere Geschichte wider. Nehmen Sie sich Zeit. Es lohnt sich.

Ihr

Jann Jakobs

 



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