Bericht aus der Stadtverordnetenversammlung am 8. November 2017

Herzlich Willkommen zur 34. Stadtverordnetenversammlung in dieser Wahlperiode. 56 Mitglieder und Oberbürgermeister Jann Jakobs sind stimmberechtigt. Mit SPD (15 Sitze), DIE LINKE (14), CDU/ANW (10), Bündnis 90/Die Grünen (7), Bürgerbündnis-FDP (4), DIE aNDERE (4) und der AfD (2) gehören der Bürgerversammlung sieben Fraktionen an. Mit Dr. Hans-Jürgen Scharfenberg und Birgit Müller (beide DIE LINKE) sitzen zwei Stadtverordnete der aktuellen Stadtverordnetenversammlung seit Mai 1990 ununterbrochen in der Bürgervertretung. Birgit Müller ist zudem Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Ihre Stellvertreter sind Claus Wartenberg (SPD) und Klaus Rietz (CDU/ANW).

Hier finden Sie die aktuelle Tagesordnung mit allen Anträgen und Anlagen. Die Konsensliste mit den Anträgen, die direkt in die Fachausschüsse überwiesen werden, finden Sie hier (pdf). Tagesordnungspunkte, die heute u.a. aufgrund fehlender Voten nicht entschieden werden, finden Sie hier (pdf). Die neuesten Meldungen stehen nachfolgend an der Spitze, ältere Tagesordnungspunkte unten.

Wenn Sie die Sitzung live im Bild und Ton verfolgen wollen - hier finden Sie den SVV-Live-Stream.

++++++++++++++++++++

Top 5.9 Neufassung der Taxitarifverordnung
Taxifahrer in Potsdam dürfen künftig höhere Preise von Fahrgästen verlangen. Die Stadtverordneten hat eine neue Taxitarifverordnung beschlossen. Demnach wird die Einschaltgebühr um 8,6 Prozent von derzeit 3,50 Euro auf künftig 3,80 Euro steigen. Auch der Kilometerpreis bei Straecken bis 4 Kilometern wird angehoben. So werden werktags zwischen 6 und 22 Uhr künftig 2,10 Euro statt 1,90 Euro pro Kilometer verlangt, nachts sowie an Wochenenden und Feiertagen steigt der Preis von 2 Euro auf 2,50 Euro pro Kilometer. Strecken über 4 Kilometer Länge kosten werktags weiterhin 1,70 Euro pro Kilometer sowie nachts sowie an Wochenenden und Feiertagen 1,80 Euro pro Kilometer. Unter Berücksichtigung der Entwicklung des Taxitarifes und dessen Anpassungen in den Jahren 2002, 2005, 2009 sowie zum 1. Januar 2015 unterlagen diese einem Zyklus von 4-5 Jahren. Die prozentuale durchschnittliche Preissteigerung lag jeweils bei ca. 20%. Aufgrund des 2015 eingeführten Mindestlohns und dessen jüngsten Erhöhung zum 1. Januar 2017 unterliegt die beantragte Tariferhöhung einem kürzeren Zeitraum von ca. 2 ¼ Jahren.

Top 5.8 Fortschreibung der Kulturpolitischen Konzepte der Landeshauptstadt Potsdam
Die Stadtverordneten haben die fortgeschriebenen Leitlinien zur kulturpolitischen Entwicklung in der Stadt beschlossen. Die Kulturpolitischen Konzepte sind Handlungs- und Orientierungsrahmen für die zukünftige städtische Kulturpolitik bis zum Jahr 2020. Auf dieser Grundlage werden die Aufträge für die jeweiligen Projekte und Maßnahmen erteilt, die finanziellen und personellen Ressourcen geschaffen bzw. Partner zur konkreten Umsetzung gesucht. Auf Grundlage der „Kulturpoltischen Konzepte der Landeshauptstadt Potsdam 2008–2012“ sowie der Evaluation verschiedener Zwischenstandberichte und vor dem Hintergrund weiterer vorliegender Konzeptionen (z.B. Kulturstrategie des Landes Brandenburg) und Erkenntnisse (z.B. zur Entwicklungserfordernissen im Bereich der Kulturellen Bildung), ist im Rahmen eines moderierten und partizipativen Diskussionsprozesses die Fortschreibung der „Kulturpolitischen Konzepte“ erfolgt. Es wurde dabei keine Neuauflage der umfänglichen Kulturpolitischen Konzepte 2008–2012 erarbeitet, sondern auf deren Grundlage ein schlankes Kulturstrategiepapier erstellt, das begonnene Prozesse aufgreift und neue Ansätze im Rahmen einer Fortschreibung perspektiviert. Handlungsleitend war die Prämisse, einen zeitgemäßen kulturpolitischen Planungs- und Entwicklungsansatz zu forcieren, der weniger die Ausweitung von Kulturförderung, sondern klare Schwerpunktsetzungen sowie die Stärkung und Öffnung vorhandener Strukturen mittels Vernetzung und Koordination forciert.

Top 5.7 Teilkonzept für die ehemalige Grenzanlage/ Grenzverlauf am Jungfernsee: Informationspfad
DIe Landeshauptstadt richtet einen Informationspfad zur innerdeutschen Grenze zwischen 1961 und 1989 in der Bertinistraße und Schwanenallee am Ufer des Jungfernsees ein. Der Informationspfad zur Geschichte der deutsch-deutschen Teilung und des Grenzraums entlang der Schwanenallee und Bertinistraße ist ein Teilkonzept zur Entwicklung der ehemaligen Grenzübergangsstelle Nedlitz (GÜST Nedlitz) am Jungfernsee. Dieser Informationspfad ist vom Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) in Zusammenarbeit mit dem Verein Erinnerungsorte Potsdamer Grenze e.V. entwickelt worden. Dafür wurde der betreffende Grenzraum unter Einbeziehung von Zeitzeugeninterviews wissenschaftlich untersucht. Der Pfad sieht insgesamt maximal 10 Informationsstelen vor; bis zu drei Tafeln sind in der Schwanenallee, bis zu sieben Tafeln in der Bertinistraße vorgesehen. Die Informationsstelen mit Text-, Bild- und Kartenmaterial in deutscher und englischer Sprache veranschaulichen den einstigen Grenzverlauf nördlich der Glienicker Brücke durch ausgewählte Aspekte zur deutsch-deutschen Teilung für ein deutsches und internationales Publikum und sind integraler Bestandteil des Erinnerungskonzeptes der Landeshauptstadt Potsdam. Die Umsetzung des Informationsweges ist bis Ende 2017 geplant. Für die Entwicklung und Realisierung des Informationspfades wurden Drittmittel eingeworben. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg förderte die Recherche des Grenzraums zur Erstellung einer wissenschaftlichen Dokumentation (Laufzeit 06/16–11/16). Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur stellt finanzielle Mittel in Höhe von 30.000 Euro zur Umsetzung des Informationspfades zur Verfügung. Weitere Drittmittel in Höhe von 5.000 Euro konnten das ZZF und der Verein akquirieren. Die Landeshauptstadt Potsdam beteiligt sich anteilig mit  2.000 Euro am Projekt für die inhaltliche Erstellung der Tafeln.

++++++++++++++++++++

Top 4 Bericht des Oberbürgermeisters
Oberbürgermeister Jann Jakobs spricht in seiner Rede zur Lage der Landeshauptstadt zu vier Themen: Gedenken an den 9. und 10. November, Aktionstag gegen Gewalt an Frauen am 25. November, Dank an alle Helfer beim Sturm sowie Baustart der Garnisonkirche.

Gedenken: Im November finden wieder mehrere Gedenkveranstaltungen statt, die von der Landeshauptstadt Potsdam organisiert werden. Zur Reichspogromnacht am 9. November findet um 18 Uhr am Standort der ehemaligen Synagoge am Platz der Einheit eine Gedenkstunde statt – in Kooperation mit den jüdischen Gemeinden, der evangelischen und katholischen Kirche, der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen sowie der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. In der Veranstaltung mit einer Ansprache des Beigeordneten Mike Schubert wird an die vertriebenen, verfolgten, deportierten und ermordeten Menschen jüdischer Herkunft erinnert. Das diesjährige Gedenken wirft einen besonderen Fokus auf die Deportation Potsdamer Juden nach Riga im Januar 1942. 50 Schülerinnen und Schüler der jungen jüdischen Gemeinde und des Humboldt-Gymnasiums werden die Namen der 50 vertriebenen jüdischen Mitbürger nennen, von denen nur zwei Frauen überlebten. Nach der Gedenkveranstaltung findet gegen 19:30 Uhr im Potsdam-Museum eine öffentliche Filmvorführung statt. Gezeigt wird der Film: „Wir haben es doch erlebt – Das Ghetto von Riga“. Der 10. November steht ganz im Zeichen der Erinnerung an die Öffnung der Glienicker Brücke 1989. Die Landeshauptstadt Potsdam gedenkt dieses Ereignisses zusammen mit der Fördergemeinschaft Lindenstraße an der NIKE um 12 Uhr. Sprechen werden die Beigeordnete Noosha Aubel und Innenminister Karl-Heinz Schröter. Auf der Veranstaltung gibt der Licht-Künstler Malte Kebbel einen Einblick in sein Kunstprojekt an der Glienicker Brücke. In einer Abendveranstaltung um 18 Uhr in der Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße wird die Erinnerung an den 10. November mit der Filmvorführung „Wir sind doch kein Hotel. Fluchtort Botschaft“ und mit Zeitzeugengesprächen weiter thematisiert. Alle Stadtverordneten sind eingeladen, an den Gedenk- und Erinnerungsveranstaltungen teilzunehmen.

Tag gegen Gewalt an Frauen: Am 20. November um 11 Uhr wird anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen vor dem Rathaus die Fahne „Frei leben ohne Gewalt“ gehisst, zu der alle Stadtverordneten sowie Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen sind. Hintergrund für die Entstehung des Aktionstages war die Verschleppung, Vergewaltigung und Ermordung von drei Frauen im Jahr 1960 in der Dominikanischen Republik durch Soldaten. Seit dem 25. November 1981 wird weltweit durch Aktionen, Veranstaltungen und Tagungen von Frauenprojekten und Initiativen, aber auch von staatlicher Seite zur Beendigung von Gewalt gegen Frauen und Kinder aufgerufen. Anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen verteilen auf Initiative des Frauenpolitischen Rates des Landes Brandenburg Bäckereien im ganzen Land Brandenburg und auch  in der Landeshauptstadt Potsdam öffentlichkeitswirksam 250.000 Brottüten, um über medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung nach einer Vergewaltigung zu informieren. Wer dazu Näheres erfahren möchte kann sich auf der am Freitag, den 24. November um 11 Uhr stattfindenden Podiumsdiskussion in der Wissenschaftsetage im Bildungsforum über dieses Thema genauer informieren. Der Arbeitskreis „Opferschutz“ der Stadt sowie unser „Büro für Gleichstellung“ laden zu dieser Veranstaltung ein. 

Dank an Helfer: In diesem Jahr war die Landeshauptstadt Potsdam von drei schweren Stürmen betroffen. Hinzu kamen in einem Fall extreme Regenfälle. Diese Wettererscheinungen führten zu starken Einschränkungen für das städtische Leben und sie sind wahrscheinlich in dieser Intensität und Häufigkeit ein Vorbote für klimatische Veränderungen in unserer Region. Ich möchte hier hervorheben, dass wir durch das Engagement der an der Beseitigung der Schäden beteiligten Helfer schnell die Einschränkungen für das öffentliche Leben beseitigen und den einzelnen Betroffenen die notwendige Unterstützung gewähren konnten. Beim Sturm Xavier zählte die Feuerwehr 248 Einsätze. 32 Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr und 100 Kameraden aus unseren 15 Freiwilligen Feuerwehren sowie 15 Mitarbeiter der Regionalleitstelle waren im Dauereinsatz. Hinzu kam Hilfe von Kameraden des DRK, Mitarbeitern des städtischen Bauhofes und von Mitarbeitern der Stadtbeleuchtung.  Der Verkehrsbetrieb hat schnell und engagiert dafür gesorgt, dass der Straßenbahnverkehr wieder aufgenommen werden konnte. Ich möchte mich hier an dieser Stelle für das Engagement aller Helfer herzlich bedanken, die sich unter großen Gefahren und bis zur persönlichen Belastungsgrenze bei diesen unendlich vielen Einsätzen in diesem Jahr engagiert haben. Dass unsere städtische Gefahrenabwehr auch in diesen schwierigen Situationen gut aufgestellt ist, ist das Verdienst dieser engagierten Mitarbeiter und freiwilligen Helfer. Sie haben Ihr Können eindrucksvoll unter Beweis gestellt!

Garnisonkirche: Am 29. Oktober hat die Stiftung Garnisonkirche mit einem Festgottesdienst den Baustart für den ersten Bauabschnitt der Garnisonkirche gefeiert. Fast 50 Jahre nach ihrer Sprengung laufen nun seit einer Woche die Bauarbeiten vor Ort, durch die der Turm und die beiden Seitenflügel wieder entstehen. Mit den Worten des Architekten handelt es sich um den höchsten Ziegelbau Europas unserer Zeit. Das Versöhnungs- und Begegnungszentrum, das im Neubau entsteht, wird im Dreiklang „Geschichte erinnern“, „Verantwortung lernen“, „Versöhnung leben“ nach Fertigstellung seine Arbeit aufnehmen. Damit folgt die Stiftung Garnisonkirche in ihrer Konzeption dem „Ruf aus Potsdam“ vor über 10 Jahren, nach dem an diesem Ort das Gedächtnis geprägt, das Gewissen geschärft und die Zukunft gestaltet werden sollen. Der Festgottesdienst wurde von Gegnern des Wiederaufbaus massiv gestört. Es wurden Stinkbomben geworfen, die Bibel zerrissen und verbale Ausfälle gegen die Teilnehmer waren zu hören. Die Situation war beschämend! Das Verhalten der Demonstranten und Störer war der toleranten Stadt Potsdam unwürdig. Wer einen Gottesdienst auf diese Weise stört stellt sich außerhalb demokratischer Spielregeln. Die Intoleranz, die sich durch das Agieren der Störer zeigte, ist erschreckend. Man kann ja gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche sein, aber wer auf diese Art religiöse Gefühle verletzt, hat in Potsdam nichts zu suchen! Beschämend ist auch der Umstand, dass selbst aus dem Rechenzentrum heraus unangebrachter Protest nicht zu übersehen war. In einer Situation, wo wir bestrebt sind, die Nutzungskonflikte vor Ort zu lösen und gemeinsam nach einem Weg für die Künstler und Kreativen zu suchen, haben einige wenige Akteure dem Anliegen der über 250 Mieterinnen und Mieter im Rechenzentrum einen schweren Schaden zugefügt. Ich gehe davon aus, dass die Nutzerinnen und Nutzer des Rechenzentrums selbst die Beziehung zu ihrem unmittelbaren Nachbarn auf neue Füße stellen. Dazu gehört auch eine klare und unmissverständliche Distanzierung von denjenigen, die durch massive Störungen den Gottesdienst beeinträchtigt haben. Immerhin war es der Nachbar Stiftung Garnisonkirche, der vor drei Jahren einer befristeten Nutzung des Rechenzentrums durch die Künstler und Kreativen zugestimmt hat. Das scheinen einige schon vergessen zu haben. Wir jedenfalls werden uns von einigen Störern, die es auf Konfrontation statt auf Dialog anlegen, nicht von unserem Kurs abbringen lassen. Wir werden weiter nach einem Weg für eine Verlängerung der temporären Nutzung suchen, um Zeit für die Schaffung eines neuen Kreativquartiers in der Potsdamer Mitte zu gewinnen.     

15:00 Uhr Die November-Sitzung der Stadtverordneten ist eröffnet. Es beginnt die Fragestunde.