
Anlässlich des Mauerfalls und der Öffnung der Glienicker Brücke vor 30 Jahren haben die Landeshauptstadt Potsdam und die Fördergemeinschaft Lindenstraße 54 heute zu einer Gedenkstunde an der Skulptur NIKE am Fuße der Glienicker Brücke eingeladen und an die Opfer der deutschen Teilung erinnert. Neben Oberbürgermeister Mike Schubert sprachen der Vorsitzende der Fördergemeinschaft Lindenstraße 54, Claus Peter Ladner, und die Leiterin der Gedenkstätte Lindenstraße 54, Uta Gerlant. An der Veranstaltung nahmen auch der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Pete Heuer, die Kulturbeigeordnete Noosha Aubel sowie Landtagsabgeordnete, Stadtverordnete und zahlreiche Gäste teil.
Im Folgenden finden Sie die Rede des Oberbürgermeisters Mike Schubert:
+++ Es gilt das gesprochene Wort +++
Sehr geehrter Herr Ladner,
sehr geehrte Frau Gerlant,
sehr geehrte Frau Rüdiger,
sehr geehrte Stadtverordnete und Landtagsabgeordnete,
meine Damen und Herren,
die Ereignisse vom November 1989 lösen bei denen, die den Fall der Mauer und die Beseitigung der deutsch-deutschen Grenze miterlebt haben, viele Emotionen aus. Vor allem in diesem besonderen Jubiläumsjahr. Wahnsinn war das, als sich die Grenzen öffneten und am 10. November 1989 auch die Glienicker Brücke wieder nach 28 Jahren passierbar war. Wahnsinn war das Wort der Stunde. Übergroße Freude das Gefühl des Moments.
Ich selbst werde den Augenblick, als ich, 16-jährig, am 10. November 1989 über die Glienicker Brücke Richtung Berlin ging, niemals vergessen. Eine endlos erscheinende Autokolonne bewegte sich gen Westen. Menschen fielen sich spontan in die Arme. Tränen flossen. Voller Neugier sahen wir den Ereignissen entgegen.
Der 10. November 1989 gehört zweifelsohne zu den großen Glücksmomenten unserer Stadtgeschichte.
Die Erinnerung an dieses epochale Ereignis des 9. und 10 Novembers 1989 ist natürlich den mutigen Frauen und Männern gewidmet, die Meinungs-, Presse-, Versammlungs- und Reisefreiheit einforderten und sich von der Bevormundung, Gängelung und Bespitzelung des SED-Staates zu befreien versuchten. Angesichts der enormen Drohkulisse des SED-Regimes – ein Schießbefehl war keineswegs ausgeschlossen – bedeutete dieses Unterfangen höchste Gefahren und Unsicherheiten. Die Frauen und Männer der Bürgerbewegung riskierten damals viel, als sie mutig ihre Stimme erhoben, sich einmischten, diskutierten und offen die Missstände ansprachen und somit nach und nach und auf mehr und mehr Schultern verteilt den Machthabern entgegentraten.
Wenn wir heute an diese Ereignisse erinnern und uns die Bilder der Freude und des Glücks in das Gedächtnis zurückrufen, dann tritt das Leid am Unrechtsstaat DDR in den Hintergrund. Wir wollen aber bewusst an diesem Tag hier an der NIKE auch an die Tausenden Menschen erinnern, die unter dem diktatorischen SED-Regime gelitten haben, bis es zur Befreiung kam. Wir denken an die Menschen, die oft genug aus völlig absurden Gründen eingesperrt wurden, die man zu Gegnern des Staates erklärte - einfach, weil sie ihre eigene Meinung sagten oder das Land verlassen wollten, weil es ihnen die Perspektiven raubte.
Am 9. November 1989 fiel die Mauer plötzlich, aber der Fall der Mauer wurde lange und hart erkämpft und forderte viele Opfer bis dahin. Das wollen wir an diesem heutigen Tag nicht vergessen.
Danken möchte ich an dieser Stelle auch und insbesondere der Fördergemeinschaft Lindenstraße 54 für ihr nicht nachlassendes Engagement, diesen 10. November 1989 im öffentlichen Gedächtnis zu bewahren.
Mit der 1999 an dieser Stelle errichteten NIKE haben wir zudem einen überaus ausdrucksstarken Erinnerungsanker, der sowohl an die Freude der Öffnung als auch an das Leid der Errichtung der Mauer erinnert.
Vielen Dank!