Um die Bewohnerinnen und Bewohner vor Verdrängungsprozessen zu schützen, prüft die Landeshauptstadt Potsdam gegenwärtig, ob für das Gebiet südlich des Potsdamer Hauptbahnhofs/Babelsberg Süd eine soziale Erhaltungssatzung gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB erlassen werden kann. Dazu werden derzeit rund 4.800 Bewohnerinnen und Bewohner per Fragebogen befragt.
Dazu sagt die Beigeordnete für Ordnung, Sicherheit, Soziales und Gesundheit, Brigitte Meier: „Viele Menschen in Potsdam machen sich Sorgen um Ihre Wohnsituation. Das gilt erst recht in Stadtteilen, die einer starken Veränderungsdynamik unterliegen. Diese Sorgen nehmen wir sehr ernst, denn sie belasten den sozialen Zusammenhalt in einer Situation, in der es stabile Nachbarschaften braucht. Der Milieuschutzkann hier ein wichtiger Baustein sein, um Verdrängung zu verhindern und der ohnehin schon starken Segregation in Potsdam entgegenzuwirken.“
Die soziale Erhaltungssatzung ist ein städtebauliches Instrument aus dem Baugesetzbuch. Mit dem sozialen Erhaltungsrecht soll die Wohnbevölkerung in einem Erhaltungsgebiet vor Verdrängungsprozessen geschützt werden. Verdrängungsprozesse können vor allem durch bestimmte bauliche Modernisierungsmaßnahmen an Wohngebäuden und Wohnungen verursacht werden. Zu solchen Maßnahmen zählen zum Beispiel:
- besonders aufwändige, wohnwerterhöhende Modernisierungsarbeiten,
- die Zusammenlegung oder Teilung von Wohnräumen/Wohnungen,
- die Umnutzung von Wohnungen in Gewerbe oder Ferienwohnungen,
- der Abriss von Wohngebäuden und
- die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.
Mit dem Erlass einer sozialen Erhaltungssatzung sollen unter anderem Modernisierungen sozial verträglich und behutsam umgesetzt werden, um die nachbarschaftliche Stabilität zu sichern und damit negative städtebauliche Folgen zu vermeiden.
Um den Erlass einer sozialen Erhaltungssatzung rechtssicher zu begründen, ist unter anderem eine repräsentative Haushaltsbefragung erforderlich. Diese Haushaltsbefragung wird derzeit durchgeführt. Durch die Teilnahme möglichst vieler Bewohnerinnen und Bewohner sollen Informationen zur Wohn- und Lebenssituation ermittelt werden.
Fachbereichsleiter Arbeit, Wohnen und Integration, Gregor Jekel, ergänzt: „Beim Milieuschutz betreten wir in Potsdam und Brandenburg Neuland. Hier gibt es aktuell keine Gemeinde mit rechtskräftiger sozialer Erhaltungssatzung. Das gute ist: Wir profitieren davon, für diesen ersten Anwendungsfall in Potsdam ein sehr erfahrenes Büro gewonnen zu haben. Wichtig ist nun, dass möglichst viele Haushalte an der Befragung teilnehmen. Eine fundierte Datengrundlage ist wichtig für die weiteren Schritte zur möglichen Aufstellung einer Satzung.“
Wie laufen die Haushaltsbefragungen ab?
Mit der Untersuchung hat die Landeshauptstadt Potsdam die Landesweite Planungsgesellschaft mbH (LPG) aus Berlin beauftragt. Rund 4.800 zufällig ausgewählte Haushalte erhalten seit vergangener Woche Post von der Landeshauptstadt Potsdam. Neben einem Anschreiben und Informationen zum Datenschutz erhalten die Haushalte einen Fragebogen. Der Fragebogen kann digital oder schriftlich ausgefüllt und per Rückumschlag kostenfrei an die LPG mbH bis zum 25.10.2022 zurückgesandt werden. Die Teilnahme an der Befragung ist freiwillig, die Angaben werden anonymisiert und die Fragebögen nach Abschluss der Untersuchung sachgerecht vernichtet.
Was wird genau untersucht?
Mit der Befragung werden
- haushaltsbezogene Daten (zum Beispiel Haushaltsgröße, Wohndauer und Wohnzufriedenheit),
- wohnungsbezogene Informationen (zum Beispiel Wohnungsgröße, Ausstattung und Miethöhe) und
- nachbarschaftsbezogene Aspekte (zum Beispiel die Nutzung von sozialen Einrichtungen sowie das nachbarschaftliche Zusammenleben) erhoben.
Für interessierte Anwohnerinnen und Anwohner findet am 11. Oktober 2022 um 19:00 Uhr im Freiland, in der Friedrich-Engels-Straße 22, eine Informationsveranstaltung statt.
Dort informieren die Landeshauptstadt Potsdam sowie das beauftragte Büro über die Durchführung der Haushaltsbefragung im Untersuchungsgebiet. Vor Ort können dann Fragen zum sozialen Erhaltungsrecht sowie zur Haushaltsbefragung können beantwortet werden. Es besteht außerdem die Möglichkeit, Unterstützung beim Ausfüllen der Fragebögen zu erhalten.