2. Potsdamer Nachwuchswissenschaftler-Preis an Dr. Sabine Kahlau

Dr. Sabine Kahlau
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Dr. Sabine Kahlau (© Archiv)

Im Rahmen des Einsteintages der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften verleiht Oberbürgermeister Jann Jakobs den Potsdamer Nachwuchswissenschaftler-Preis an Dr. Sabine Kahlau. Der Preis wurde im Frühjahr 2008 zum zweiten Mal ausgeschrieben und ist mit 5.000 Euro dotiert.

Dr. Sabine Kahlau wird für ihre hervorragenden Leistungen auf dem Gebiet der Biowissenschaften geehrt. "Sabine Kahlau hat in einer detaillierten Analyse zentrale Aspekte der Fruchtreifung am Modell der Tomate untersucht und bisher unbekannte Prozesse dieses wichtigen Prozesses auf molekularer Ebene entdeckt. Mit ihren international führenden Arbeiten hat sie die Grundlage gelegt für verbesserte Verfahren zur Produktion von hochwertigen Proteinen in Pflanzen", so Jury-Mitglied Prof. Bernd Müller-Röber vom Institut für Biochemie und Biologie der Universität Potsdam.

"Frau Kahlau hat mit ihren Forschungsergebnissen nicht nur entscheidend zum aktuellen Kenntnisstand beigetragen, sondern ihre Arbeit liefert gleichfalls wichtige Impulse für weitergehende Forschungen auf dem Gebiet der Eiweißproduktion in Pflanzen ", so auch die Einschätzung ihres Doktorvaters Prof. Dr. Ralph Bock vom Golmer Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie.

Fast gleichzeitig zum 30. Geburtstag erreichte Dr. Sabine Kahlau die Nachricht über den Nachwuchspreis der Landeshauptstadt. "Ich hätte mir keinen schöneren Abschluss meiner Doktorarbeit vorstellen können", war ihre spontane Reaktion auf die gute Nachricht.

Auf der Grundlage ihrer Doktorarbeit veröffentlichte Sabine Kahlau drei wissenschaftliche Arbeiten und zwei Kongressbeiträge. Auch wie es wissenschaftlich weitergehen wird, ist schon klar: ab nächsten März wird sie Down Under am Centre of Excellence in Perth/Australien forschen.

Sabine Kahlau ist 1978 in Aachen geboren. Sie studierte an der RWTH Aachen Biologie mit dem Hauptfach Molekularbiologie und den Nebenfächern Mikrobiologie, organische Chemie und Genetik. Seit 2004 lebt Frau Kahlau in Potsdam, wo sie am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm promovierte. Seit Januar 2008 ist sie dort als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig.

Insgesamt acht Arbeiten wurden von einer 6-köpfigen Jury unter Vorsitz von Oberbürgermeister Jann Jakobs gesichtet und bewertet. Der Jury gehörten Prof. Dr. Rolf Emmermann vom Deutschen GeoForschungsZentrum, Prof. Dr. Heinz Kleger von der Universität Potsdam/ Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Prof. Dr. Reinhold Kliegl von der Universität Potsdam/Institut für Psychologie, Prof. Dr. Reinhard Lipowsky, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Institutes für Kolloid- und Grenzflächenforschung sowie Prof. Dr. Bernd Müller-Röber von der Universität Potsdam/Institut für Biochemie und Biologie an.

Jann Jakobs gratuliert der Preisträgerin und dankt den Jurymitgliedern für ihre Unterstützung bei der Auswahl der Preisträgerin, denn "Die Qualität der Arbeit war wie im Vorjahr sehr gut und die Entscheidung für eine einzige Arbeit nicht einfach." Auch im nächsten Jahr wird der Potsdamer Nachwuchs-Wissenschaftlerpreis wieder ausgeschrieben. Der Potsdamer Oberbürgermeister wünscht sich, dass das thematische Spektrum der eingereichten Arbeiten wieder verbreitert wird. Denn in diesem Jahr lagen nur Nominierungen von Naturwissenschaftlern vor, hingegen sich der Wissenschaftsstandort Potsdam dadurch auszeichnet, dass hier ein breites wissenschaftliches Spektrum betrachtet wird.


Hintergrundinformationen

Neben dem Zellkern besitzen pflanzliche Zellen eine Reihe weiterer Bestandteile, u.a. Plastiden. Plastiden sind eigenständige Einheiten der Zelle, die eine eigene Erbinformation besitzen, die in Proteine umgesetzt werden kann. Es gibt unterschiedliche Typen von Plastiden, wie etwa Chloroplasten, die bei der Photosynthese aktiv sind und in den grünen Pflanzenteilen lokalisiert sind oder Chromoplasten, die durch ihre Farbpigmente für die Färbung von Früchten sorgen. Die verschiedenen Plastidentypen können, je nach Entwicklungszustand der Zelle den Typ wechseln: aus Chloroplasten können Chromoplasten enstehen.

Sabine Kahlau beschäftigte sich in ihrer Doktorarbeit mit der Erforschung der außerhalb des Zellkerns in den Plastiden lokalisierten Erbinformation und der Prozesse, die dort vom Ablesen der DNA bis zur Produktion von Eiweißen ablaufen.

Auf beeindruckende Weise ist es ihr gelungen, nicht nur die Plastiden-DNA in der Tomate komplett zu entschlüsseln und mit der DNA-Sequenz anderer Nachtschattengewächse wie Tabak oder Tollkirsche detailliert zu vergleichen, sondern sie hat zum ersten Mal diesen Vorgang in einem speziellen Plastidentyp, den Chromoplasten, analysieren können.

Sie konnte eindeutig nachweisen, dass in den Chromoplasten der reifen, roten Tomatenfrüchte keine Proteine mehr hergestellt werden, die für die Photosynthese wichtig sind, sondern das anscheinend ihre Hauptaufgabe zum Zeitpunkt der Reife darin besteht, ein bestimmtes Enzym herzustellen, das an der Fettsäuresynthese beteiligt ist. Diese Fettsäuresynthese ist wiederum Voraussetzung dafür, kleine abgetrennte „Räume" aufzubauen, in denen Carotinoide eingelagert werden. Carotinoide werden in den Chromoplasten in großen Mengen gespeichert, geben der reifen Tomatenfrucht ihre rote Färbung und dienen im menschlichen Körper als Radikalfänger. Da Krankheiten wie Arteriosklerose, Rheuma und Krebs im Verdacht stehen durch freie Radikale mit verursacht zu werden, kann wahrscheinlich diesen Krankheiten durch solche Radikalfänger vorgebeugt werden.

Durch gentechnische Methoden können neue Gene nicht nur in die DNA des Kerns eingeschleust werden, sondern auch in die der Plastiden. Da die Plastiden und somit auch die gentechnisch veränderte DNA generell nur über die Mutter vererbt wird und nicht über den Pollen ist die Plastidentransformation bezüglich der biologischen Sicherheit sehr attraktiv, da ungewollte Auskreuzungen im Allgemeinen nicht stattfinden können. Bisher war die Produktion von Fremdproteinen in Früchten nicht so hoch wie in Blättern. Mit den Erkenntnissen aus Frau Kahlaus Arbeit könnte sich dies zukünftig eventuell ändern.