Pressemitteilung Nr. 58 vom 27.01.2005 Gestaltungssatzung Berliner Vorstadt

Die Vielzahl der von Kriegszerstörungen weitgehend verschont gebliebenen Villen und Landhäuser unterschiedlicher Zeitepochen im Zusammenwirken mit dem Übergang zur repräsentativen Mietshausbebauung macht die Berliner Vorstadt heute zu einem Ortsteil von besonderer stadtbaugeschichtlicher, baukünstlerischer und städtebaulicher Bedeutung. Der Schutz dieses Ortsteils und seiner charakteristischen städtebaulichen und baugestalterischen Eigenart ist Anliegen der Gestaltungssatzung.

Der räumliche Geltungsbereich der Gestaltungssatzung umfasst in seinen äußeren Grenzen die gesamte Halbinsel der Berliner Vorstadt. Nach Norden, Osten und Westen bilden die umgebenden Wasserflächen die natürliche Grenze; im Süden endet der Geltungsbereich an den zu beiden Seiten der Berliner Straße gelegenen ehemaligen Kasernen.

Aus dem Geltungsbereich der Gestaltungssatzung ausgenommen ist eine Fläche im Inneren des zwischen Rembrandtstraße und Ludwig-Richter-Straße gelegenen Blocks. Diese z.Zt. brachliegende Fläche bildet einen in sich abgeschlossen ohne jeglichen vorstadttypischen Gebäudebestand gekennzeichneten Bereich. Für dieses Areal wird sich die Eigentümergemeinschaft vertraglich verpflichten, einen weitestgehend dieser Satzung entsprechenden Gestaltungskatalog einzuhalten oder – alternativ – die Bauvorhaben der Beurteilung durch eine Jury sach- und fachkundiger Experten zu unterwerfen. Ziel dieser Vorgehensweise ist es, zeitgenössische Architekturformen zu ermöglichen, die ggf. auch in den Grundzügen ein Abweichen von den Gestaltungsvorgaben erfordern.

Die Gestaltungssatzung regelt die zukünftigen Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen und ergänzt auf diese Weise die bereits rechtskräftige Erhaltungssatzung. Im Satzungstext ist ein Gestaltungsrahmen formuliert, in den sich die geplanten baulichen Vorhaben einfügen müssen. Im Geltungsbereich der Gestaltungssatzung ist jede Baumaßnahme genehmigungspflichtig, die sich auf die Veränderung der äußeren Gestalt eines Gebäudes richtet. Abgeleitet aus der Analyse vorhandener Gestaltqualitäten setzt die Gestaltungssatzung den Rahmen für eine gezielte Stadtbildpflege, so dass die Spezifik und Identität der Berliner Vorstadt auch bei Durchführung erforderlicher Modernisierungs- und Neubaumaßnahmen erhalten bleibt. Bei Umbauten ortsbildprägender Gebäude steht die Sicherung bzw. Wiederherstellung der ursprünglichen Gestaltqualitäten im Vordergrund. Die Neubauten sollen auf ihre Architekturprägung und ihre äußere Gestalt überprüft werden, so dass der Charakter des Bereiches durch ortsfremde Architektur nicht beeinträchtigt wird.

Die Gestaltungssatzung trifft im einzelnen Regelungen u.a. zur Fassadengliederung und zu Vorbauten, zu Fassadenöffnungen, -materialien und –farben, zur Dachgestaltung sowie zur Gestaltung von Vorgärten und Einfriedungen.

Der vorliegende abschließende Stand ist Ergebnis eines intensiven und teils kontroversen Diskussionsprozesses:

Am Beginn des Verfahrens standen wiederholte und dringliche Forderungen des Bürgervereins Berliner Vorstadt nach umfassenden restriktiven Vorgaben einer Gestaltungssatzung. Ausgangspunkt dafür war das Ziel, zukünftig unangepasste Architektur von Neubauten auszuschließen.
Im Zuge der öffentlichen Auslegung des sehr detaillierten Satzungsentwurfes wurden demgegenüber – auch aus dem Blickwinkel des Bürgervereins – vermehrt kritische Stellungnahmen abgegeben. Diese waren von der Befürchtung getragen, dass die vielen Regelungen zwar manches verhindern, aber vor allem gesichtsloses Mittelmaß befördern und zugleich wirklich guten Lösungen im Wege stehen.
Kritik an der Vielzahl und Schärfe von Regelungen wurde ebenfalls vom Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr (jetzt Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung) als Aufsichtsbehörde geäußert. Diese lassen sich darin zusammenfassen, dass der Entwurf zu einer „Gängelung von Bauherren“ geführt hätte.
Eine intensive Diskussionsrunde mit Vertretern des Bürgervereins, Architekten und Vertretern von Grundstückseigentümern, die Brachflächen entwickeln wollen, hat daraufhin zu einer einvernehmlichen starken Reduzierung im Regelungsumfang der Gestaltungssatzung geführt, die sich nun auf die wichtigen Kernaspekte konzentriert. Die geführte Diskussion hat deutlich gemacht, dass zu detaillierte Regelungen eine unverhältnismäßige Einschränkung architektonischer Freiheit bedeuten, die dem Anspruch einer qualitativ hochwertigen Weiterentwicklung der Berliner Vorstadt nicht gerecht werden kann.
Der Diskussionsprozess hat aus Sicht der Verwaltung aus den deutlichen Kontroversen zu einem breiten Konsens geführt, der architektonische Qualität zwar nicht garantieren, aber befördern kann. Dazu trägt auch der einvernehmliche Versuch bei, für den Bereich der zentral gelegenen Brachflächen über die vertragliche Absicherung eines alternativen Verfahrensweges eine weitere Öffnung mit dem Vorbehalt einer fachlichen Diskussion zu ermöglichen.