Am 18. Januar 2005 wurde in Rio de Janeiro der Architektenvertrag für den Bau des neuen Freizeitbades zwischen Oscar Niemeyer und dem Geschäftsführer der Potsdamer Stadtwerke Peter Paffhausen unterschrieben.
„Mit der Planung des Freizeitbades Am Brauhausberg haben wir einen Architekten beauftragt, dessen Name und Werk sich weltweit durch architektonische Einzigartigkeit und Anziehungskraft auszeichnet“, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs.
Oscar Niemeyer wird die für die architektonische Erscheinung des Bauwerkes maßgebliche Entwurfsplanung ausführen und die Ausführungsplanungen beraten, um sicherzustellen, dass ein authentisches architektonisches Werk des Architekten entsteht.
Die anschließenden Leistungen wird der Auftraggeber im Ausschreibungsverfahren an einen europäischen Generalplaner vergeben. Hierzu läuft gegenwärtig die europaweite Vergabebekanntmachung.
Für die Auswahl des Architekten wurde ein unabhängiges Expertengremium gebildet. Es erarbeitete Kriterien für die architektonisch-fachliche Qualifikation der in Betracht kommenden Architekten und orientierte sich dabei insbesondere an den Pritzker-Preisträgern.
Folgende Kriterien wurden herangezogen:
Die Landeshauptstadt Potsdam versteht sich als Architektursammlung von Weltrang. In diesem Zusammenhang soll das neu entstehende Bauwerk Bestandteil des architektonischen Gesamtwerkes eines Architekten sein, der durch internationales Renommee als „Klassiker der Moderne“ ausgewiesen ist. Um der Funktion des Gebäudes gerecht zu werden, muss der Bewerber Erfahrungen mit öffentlichen Bauten haben, die sozialen Funktionen dienen. Das Gesamtwerk des Bewerbers muss durch landschaftsbezogene Architektur besonders geprägt sein. Die Stadt stellt im Zusammenhang mit ihrer Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas 2010 den Anspruch, dass die Beauftragung des Bewerbers zu einem Alleinstellungsmerkmal von europäischer Bedeutung führt.
Gemäss der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen – VOF - können Aufträge ohne vorherige Vergabebekanntmachung vergeben werden, wenn die Dienstleistungen nur von einer bestimmten Person ausgeführt werden können. Hierzu zählen insbesondere künstlerische Gründe.
Diese Kriterien wurden nach Einschätzung des Expertengremiums vom brasilianischen Architekten Oscar Niemeyer erfüllt.
Oberbürgermeister Jann Jakobs hat bei Oscar Niemeyer angefragt, ob er den Planungsauftrag für das Freizeitbad übernehmen würde. Dieser antwortete mit Schreiben vom 17.11.04, dass es ihm „sehr viel Freude machen wird“ dieser „Anfrage nachzukommen und das Projekt zu realisieren“.
Die Projekte Oscar Niemeyers sind unter anderem durch spektakuläre Tragwerkskonstruktionen sowie durch eine fließende Verbindung der Innenräume mit den anschließenden Außenanlagen geprägt. Dies soll auch am exponierten Standort Am Brauhausberg Anwendung finden. Ziel ist es, mit der Generalplanung für den Entwurf ein Baukunstwerk zu realisieren, in dem das Tragwerk, die Gebäudetechnik und die Freianlagen integraler Bestandteil der Architektur werden.
Der Neubau soll eine unverwechselbare architektonische Handschrift bekommen und neben dem Theaterneubau und dem VW-Designer-Center den architektonischen Anspruch der Stadt Potsdam im 21. Jahrhundert verkörpern.
Oberbürgermeister Jann Jakobs sagte: „Ich bin mir sicher, das Freizeitbad wird ein Leuchtturmprojekt sein, dass die Bewerbung Potsdams um den Titel Kulturhauptstadt Europa 2010 unterstützt.“
Oscar Niemeyers realisierte weltweit Hunderte von Projekten - seine wohl bekanntesten Werke finden sich in Brasília. Seine Vorhaben der letzten Jahre sind von ihrer architektonischen-landschaftsplanerischen Qualität Vorbild für das Potsdamer Freizeitbad. Unter ihnen sind so bedeutende Projekte wie die Konzerthalle in Sao Paolo, die erst 2004 als Endbaustein des Iberapeura Parks mit 840 Sitzplätzen fertiggestellt wurde. Im Jahr zuvor entstand der Ausstellungspavillon im Londoner Hyde Park und 2002 das Museum in Curitiba.
Im vergangenen Jahr wurde Oscar Niemeyer mit dem Praemium Imperiale ausgezeichnet. Diese Ehrung ist vergleichbar mit dem Nobelpreis der Künste und gehört zu den am höchsten dotierten Kulturpreisen der Welt. Die Auszeichnung erhalten Kunstschaffende für den Einfluss, den sie international in der Kunst ausüben und für die Bereicherung der Weltgemeinschaft.
Niemeyer ist der einzige Architekt, der weltweit Urheber eines baukünstlerischen Gesamtwerkes ist, dessen Bauten bereits von der UNESCO zum Weltkulturerbe der Menschheit erhoben wurde. Die Landeshauptstadt will mit diesem Neubau auch das Weltkulturerbe in Potsdam stärken.Das Freizeitbad kann als ein modernes, kulturelles Gegengewicht und zugleich integraler Bestandteil zu den dominierenden kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten der Stadt werden. Angestrebt wird ein Bauwerk, das als städtebauliches Unikat Anziehungspunkt und Wahrzeichen in einem ist, und damit zum städtetouristisches Ziel – und Erfolgsfaktor für die Zukunftsfähigkeit Potsdams werden kann.
Mit dem Bad soll im Interesse der Nachhaltigkeit außerdem die Attraktivität des „Gesamterlebnisses Potsdam“ erhöht werden. Es gilt, weitere touristische Potenziale – neue Zielgruppen, vor allem jüngeres Publikum zu erreichen, mehr Besucher in die Innenstadt zu lenken und durch neue Angebote davon zu überzeugen, dort länger zu verweilen.
Die Stadtwerke Potsdam wurden in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 3. November 2004 mit der Planung, dem Bau und der Realisierung des Freizeitbades in Potsdam beauftragt. Durch eine intensive Vorbereitung der Stadtwerke gemeinsam mit der Stadtverwaltung, den beteiligten Ministerien und der ILB konnte der Vertrag jetzt unterzeichnet werden.
Da die Fördermittel nur einen sehr begrenzten Zeitraum zur Verfügung stehen, muss bereits im Jahr 2007 das Vorhaben sowohl errichtet als auch endabgerechnet sein. Vor diesem Hintergrund wurde vertraglich vereinbart, die Vorplanung bis Mitte März 2005 und die Entwurfsplanung bis Mitte Mai 2005 zu erbringen.
Oscar Niemeyer - eine biografische Übersicht
1907<?xml:namespace prefix = o /> |
geboren am 15. Dezember als Oscar Riebeiro de Almeida de Niemeyer Soares in Rio de Janeiro. |
1924 – 1929 |
Studium der Architektur an der Nationalen Kunstschule Rio de Janeiro u.a. bei Lúcio Costa, in dessen Büro Niemeyer bis Ende der dreißiger Jahre arbeitet. |
1936 |
Teilnahme am Projekt des Ministeriums für Gesundheit und Erziehung in Rio de Janeiro, erstmaliges Zusammentreffen mit Le Corbusier, der einer Einladung Lúcio Costas folgend als Berater an dem Projekt mitwirkt. |
1937 |
Realisierung der Entbindungsstation Obra do Berco in Rio de Janeiro, Niemeyers erstes Projekt. |
1940 |
Bekanntschaft mit Juscelino Kubitschek, dem späteren Gründungspräsidenten von Brasília, zu dieser Zeit noch Gouverneur des Bundesstaates Minas Gerais. Niemeyer erhält den Auftrag zum Pampulha-Komplex in Belo Horizonte. |
1945 |
Eintritt in die Kommunistische Partei Basiliens. |
1947 |
Mehrmonatiger Aufenthalt in New York als Mitglied des Planungskomitees zum Bau des UN-Hauptsitzes. Der zusammen mit Le Corbusier erarbeitete Doppelentwurf 23-31 wird zur Ausführung empfohlen, wenn auch verändert realisiert. |
1952 |
Beginn der Entwurfsarbeiten zu Niemeyers Privathaus in Canoas/Rio de Janeiro, das am Rande der II. Sao Paulos Biennale für Aufsehen sorgt. |
1954 |
Mehrmonatige Reise nach Europa, u.a. auch nach Polen, in die UDSSR und Tschechoslowakei. Realisierung eines Wohnblockes auf der Interbau/ Berlin. |
1955 |
Gründung der Zeitschrift Moduló. |
1956 |
Erhält von dem neu gewählten brasilianischen Präsidenten Juscelino Kubitscheck den Auftrag zur Planung der neuen Hauptstadt Basília. Niemeyer lehnt dies jedoch ab und spricht sich für einen städtebaulichen Wettbewerb aus, den Lúcio Costas plano piloto gewinnt. Niemeyer wird als Direktor der Architekturabteilung der Planungsgesellschaft NOVACAP mit dem Entwurf der Regierungsgebäude beauftragt. |
1957/1958 |
Entwurf der ersten Repräsentationsbauten für Brasília, u.a. Alvoradapalast, Planalto, Nationalkongress, Kathedrale. |
1962/1964 |
Mehrmonatige Reisen in den Libanon, nach Portugal, Frankreich und Israel auf Einladung verschiedener Auftraggeber zur Großprojekten. |
1963 |
Internationaler Leninpreis (UDSSR), Ehrenmitglied des American Institute of Architects. |
1967 |
Zunehmende Arbeitsschwierigkeiten unter der brasilianischen Militärregierung, aber auch weitere Großprojekte in Frankreich, Italien, Portugal und Algerien zwingen Niemeyer zur Verlegung des Hauptsitzes seines Büros nach Paris. |
1979 |
Ernennung zum Offizier der französischen Ehrenlegion |
1982 |
Schließung des Pariser Büros. Ab 1985 entwirft Niemeyer in seinem Büro an der Copacabana/Rio de Janeiro neue Projekte für Brasília. |
1988 |
Verleihung des Pritzker-Preises in Chicago. |
1993 |
Mit seinem Entwurf für das Museum für Zeitgenössische Kunst in Niterói sorgt Niemeyer für erneutes internationales Aufsehen . |
2002 |
Eröffnung des Novo Museu in Curitiba/Paraná im November 2002. |
2003 |
Serpentine Gallery – Pavillon, Hyde Park, London |
2004 |
Eröffnung der Konzerthalle im Iberapeura Park, Sao Paolo |
2004 |
Verleihung der Praemium Imperilae |