Die Sieben Raben, Rudolf Böhm, 1987

Das hätte sich der Vater wohl nicht träumen lassen, denn nachdem er seine sieben Jungen verflucht hatte, verwandelten sie sich in Raben. Ratlos steht er in seiner Latzhose da und wendet seinen Blick ergriffen gen Himmel. In einer letzten Geste der Verzweiflung hebt er seine Arme und versucht nach den Raben zu greifen. Doch die Entfliehenden gleiten unerreichbar über seinen Kopf hinweg. 

Der Vater bereut, dass er seine Jungen im Ärger über ihre Unfähigkeit, Wasser von einer Quelle zu holen, verflucht hat. Mit dem Wasser sollte die einzige Tochter getauft werden. Befürchtete doch das Familienoberhaupt, das schwächliche Kind würde ohne das Sakrament sterben. Doch die Jungen verloren im Streit ihren Wasserkrug und aus Angst über ihr Ungeschick, wagten sie sich nicht mehr nach Hause. Der wartende Vater fluchte und verlor seine Söhne. Eines Tages beschloss das genesene Mädchen ihre verwunschenen Brüder zu erlösen. Ängstlich, aber festen Willens machte sie sich auf den Weg und musste verschiedene Gefahren überwinden. Nur ein Kleidchen bedeckt ihren kindlichen Körper. Der geflochtene Zopf hängt lang vom Kopf herunter. Ein Brotlaib im linken Arm und einen Krug Wasser in der anderen Hand dienen als Wegzehrung. Über ihr flattern zwei Raben, von denen einer ahnungsvoll auf sie herunter blickt. Andere schwingen sich mit ihren großen Flügeln wild gestikulierend zum Himmel auf. Markant stechen die großen Schnäbel hervor und der Betrachter glaubt, das durchdringende Krächzen hören zu können. Allen Hindernissen zum Trotz gelingt es dem Mädchen, ihre Brüder zu befreien und am Ende des Märchens kehren die Geschwister gesund und glücklich zu ihren Eltern nach Hause zurück.

Rudolf Böhm (*1941) konzipierte diese Skulptur ursprünglich als Märchenbrunnen. Das Wasser als Quelle des Lebens hätte im Märchen eine Entsprechung gefunden. Doch die Skulptur wurde ohne diese Funktion umgesetzt. Die massive Kubatur fügt sich selbstverständlich in die Waldstadt ein. In archaischer blockhafter Gestaltungsweise fügen sich bei längerer Betrachtung die vier Reliefs deutlich zu einer Erzählung zusammen: Die Sieben Raben.