Kolumne der Woche: Toleranz mit Tradition

Oberbürgermeister Jann Jakobs
© Oberbürgermeister Jann Jakobs
Oberbürgermeister Jann Jakobs

7. Dezember 2014

Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,

unsere Stadt kann auf eine lange Tradition der Toleranz zurückblicken. Ausgehend vom Toleranzedikt des Großen Kurfürsten aus dem 1685 fanden immer wieder Menschen aus anderen Ländern eine Heimstatt in Potsdam. Dieses Erbe hat seine Spuren in Kunst, Kultur und nicht zuletzt auch in der Architektur hinterlassen: die Siedlung Nattwerder erinnert an die Einwanderer aus der Schweiz, Nowawes und die Friedrichskirche an die Böhmischen Einwanderer, die Französische Kirche an die Aufnahme von religiös verfolgten Hugenotten. Das Holländische Viertel, das ohne Zweifel zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten unserer Stadt zählt, wurde von Bauleuten aus den Niederlanden gebaut. Das Erinnern an die Traditionen der Einwanderer ist uns sehr wichtig.

Um das holländische Erbe kümmert sich seit vielen Jahren der ehrenamtliche Förderverein zur Pflege der Niederländischen Kultur in Potsdam. Er betreibt in der Mittelstraße ein eigenes Museum und richtet seit vielen Jahren die Feste im Holländischen Viertel aus. Als Tulpenfest und Sinterklass-Weihnachtsmarkt im vergangenen Jahr ausfallen mussten, waren nicht nur die Potsdamerinnen und Potsdamer traurig darüber. Deshalb freue ich mich sehr darüber, dass das beliebte Sinterklaas-Fest durch das Engagement des Fördervereins sowie die gemeinsamen Bemühungen der beteiligten Agenturen, Sponsoren und der Stadtverwaltung in diesem Jahr wieder, genau: am nächsten Wochenende, stattfinden kann.

Der Förderverein zur Pflege niederländischer Kultur in Potsdam e. V. fördert satzungsgemäß seit vielen Jahren die Verständigung und Verbindung zwischen dem niederländischen und deutschen Volk im Geiste gegenseitiger Toleranz. Darauf aufbauend, erfolgt auch seit vielen Jahren die Einladung an niederländische Künstler und Handwerker, beim Sinterklaas-Fest im Holländischen Viertel mitzuwirken. Die Landeshauptstadt fördert dieses Fest, weil die historisch gewachsenen europäischen Einflüsse auf Potsdams Architektur und Kultur sowie die Lebensfreude interkultureller Feste zur Marke Potsdam gehören.

Zum Sinterklaasfest gehört der Umzug des Sinterklaas mit seinen Helfern – den Schwarzen Pieten. Um die Darstellung des Sinterklaas mit einem oder mehreren Schwarzen Pieten ist in unserer Stadt eine heftige Debatte entbrannt. Man sollte aber bedenken, dass es um eine holländische Tradition geht. Sowohl in den Niederlanden als auch hier gibt es dazu unterschiedliche Auffassungen. Einige empfinden die Bemalung von Weißen mit schwarzer Farbe im Gesicht und die traditionelle Darstellung als Diener von Sinterklaas als rassistisch. Andere sehen darin keine rassistischen Motive und auch keine intendierte Diskriminierung.

Genehmigungsrechtlich hat die Landeshauptstadt keine Möglichkeit, dem Veranstalter den Auftritt der Zwarten Pieten zu untersagen. Auch das höchste Verwaltungsgericht der Niederlande hat am 12.11.2014 geurteilt, dass Zwarte Pieten den Sinterklaas-Umzug begleiten dürfen. Ein Bürgermeister habe nicht das Recht, dies wegen möglicher Diskriminierung zu verbieten. In einigen holländischen Städten werden die Pieten in diesem Jahr bunt geschminkt sein. Diesem Vorschlag, den die Landeshauptstadt Potsdam unterstützt, sind der Potsdamer Veranstalter und die holländischen Akteure leider nicht in vollem Umfang gefolgt. Allerdings soll im Sinne der Toleranz und eines städtischen Friedens der Großteil der Pieten die Gesichter nicht mehr mit schwarzer Farbe bemalt haben, sondern Rußflecken im Gesicht die Tradition verkörpern, den Kindern Geschenke durch den Kamin zu bringen.

Unsere Stadtgesellschaft wird sich dem Dialog zu diesem Thema im Sinne des Toleranzgedankens steIlen. Ich wünsche mir für das bevorstehende Wochenende einen toleranten Umgang mit unseren Gästen aus den Niederlanden und ein friedliches Familienfest im Holländischen Viertel.

Ihr
Jann Jakobs