Kolumne der Woche: Gleichberechtigt mobil

Oberbürgermeister Jann Jakobs
© Oberbürgermeister Jann Jakobs
Oberbürgermeister Jann Jakobs

22. Februar 2015

Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,

es sind die alltäglichen Dinge, die mich heute in der Kolumne beschäftigen. Es ist der Autoverkehr und die freie Fahrt für tausende Wirtschafts- und Privatfahrten in und durch die Innenstadt auf der einen Seite, die besorgniserregenden Schadstoffwerte in den zentralen vierspurigen Straßen der Stadt auf der anderen Seite. Fest steht, wir müssen etwas tun, um die Schadstoffwerte zu senken. Nicht nur um die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte einzuhalten, sondern auch um den Anspruch der Anwohnerinnen und Anwohner gerecht zu werden.

Ein besonderes Beispiel ist die Zeppelinstraße. Vierspurig ausgebaut führt sie von der Stadtgrenze bis zur Breiten Straße in und durch die Stadt. Komfortabel ist die Situation für Autofahrer. Für Fußgänger, Radfahrer und Anwohner ist sie seit langer Zeit allerdings alles andere als das. Sie ist in einigen Bereichen sogar Potsdams dreckigste Straße, was die Luftschadstoffbelastung betrifft. Daher haben wir in den vergangenen Monaten externe Gutachter beschäftigt, die sich mit der Belastung beschäftigen und mögliche Szenarien der Verbesserung der Belastung untersucht haben. Dabei reichen die untersuchten Projekte von Tempo 30 über ein Lkw-Verbot über 3,5 Tonnen bis hin zum Umbau mit einer Fahrspur je Richtung und beidseitigen Fahrradwegen, um die Straße sauberer, sicherer und leiser zu machen.

Von Anfang an steht fest, dass nach Abschluss der Untersuchungen und mit Vorliegen der Ergebnisse die Nachbargemeinden, die Kommunalpolitik und die Bürgerinnen und Bürger miteinzubeziehen sind. In dieser Woche nun ist verbindlich verabredet worden, sehr breit zu informieren und die möglichen Szenarien vorzustellen. Dabei ist die Diskussion offen, aber allen muss eines klar sein: So wie es ist, kann es nicht bleiben. Und wir sind gesetzlich dazu verpflichtet, zur Schadstoffreduzierung geeignete Maßnahmen umzusetzen.

Mir ist bewusst, dass Autofahren vor allem Spaß macht, wenn das Auto auch fährt. Und ich bin mir sicher, wenn wir die Straße drei oder vierspurig je Richtung ausbauen würden, hätten wir am Ende wieder die Probleme, dass in den Spitzenzeiten der Verkehr steht. Ein großes Angebot bringt meist eine große Nachfrage mit sich. Doch es kann nicht der Anspruch moderner Politik sein, die Zersiedelung zu fördern und ein Pendlerchaos zu verursachen. Das haben wir uns auch bei der Stadtentwicklung zur Maxime gemacht: Lücken füllen statt Stadtrandbebauung. Wer raus aus der Stadt zieht und dennoch jeden Tag in die Stadt muss, ist sich sicher des täglichen Weges bewusst.

Wir haben das leistungsfähigste Nahverkehrsnetz in ganz Brandenburg. Am Luisenplatz und Platz der Einheit beispielsweise fahren Busse und Bahnen im Minutentakt in alle Richtungen, die Regionalbahn pendelt in Spitzenzeiten aller 15 Minuten auch innerstädtisch, noch nie waren die gefahrenen Kilometer der Bahnen und Busse mehr als heute. Und wir sind bereit, auch den regionalen Verkehr mit viel Geld zu stärken. Sei es ein Zehn-Minuten-Bus-Takt zwischen Werder und Potsdam, der Bau neuer Busspuren oder der Bau von Fahrrad-Schnellrouten nach Westen, Osten und Norden. Die Pläne liegen vor, nun müssen sie umgesetzt werden.

Unser Ziel ist, das sage ich ganz deutlich, eine gesteigerte Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs und des Fahrrades, damit Autofahrern der Umstieg schmackhaft gemacht wird. Nur wenige, die täglich mit dem Auto durch die Stadt fahren, sind tatsächlich unausweichlich darauf angewiesen. Es gibt viele Menschen, die das genauso auch ohne Auto schaffen. Es ist nicht zu erwarten, dass in den kommenden Jahren alle ihr Auto stehenlassen. Dazu können wir auch keinen zwingen.

Allerdings können wir die Infrastruktur so anpassen, dass Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer gleichberechtigt sind.

Ihr

Jann Jakobs