Kolumne der Woche: Erinnern an die friedliche Revolution

Oberbürgermeister Jann Jakobs
© Foto Blumrich
Oberbürgermeister Jann Jakobs, © Foto Blumrich

28. September 2014

Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,

vor 25 Jahren ist die Mauer gefallen. Das ist ein Grund zur Freude, aber auch eine gute Gelegenheit, noch einmal intensiv an die Akteure und Orte von 1989 zu erinnern. Ohne den Mut, das Engagement und die Entschiedenheit der Bürgerbewegten könnten wir heute in Potsdam nicht in Frieden und Freiheit leben.

Die Berliner Mauer – sie war eine Potsdamer Realität. Viele wissen gar nicht, dass von den knapp 160 Kilometern Grenze zwischen West-Berlin und der DDR über 110 Kilometer im damaligen Bezirk Potsdam lagen. Heute ist Potsdam aufgeblüht – und hat dies letztlich den Entwicklungen an der ungarisch-österreichischen Grenze und vor allem dem Aufstand Vieler in der DDR zu verdanken, die sich für einen demokratischen Wandel einsetzten.

In Potsdam ist der Auftakt zum Widerstand gegen das SED-System ganz eng mit der Babelsberger Friedrichskirche verbunden. Dort versammelten sich am 4. Oktober 1989 mehr als 3000 Menschen vor und in der Kirche. Pfarrer Stefan Flade, Annette Flade und Hans-Georg Baaske organisierten den Abend und boten bis Mitternacht Informationen vor allem zur Bewegung „Neues Forum“. Die Menschen waren wissbegierig, und sie wollten eine politische Veränderung. Dies und die dann folgende Maueröffnung am 9./10. November stehen für uns in den kommenden Wochen im Mittelpunkt unserer Erinnerung und unserer Gedenkfeiern.

Am 4. Oktober wird es in der Friedrichskirche unter dem Titel „Aus der Kirche auf die Straße“ eine Podiumsdiskussion und Musik der Band Keimzeit geben. Den 9. November begehen wir am gleichen Ort mit einem Gedenkgottesdienst. Die Öffnung der Glienicker Brücke wird einen Tag später gefeiert. Die Veranstaltung der Landeshauptstadt in Kooperation mit der Fördergemeinschaft Lindenstraße 54 steht unter dem Motto „Aus dem Dunkel ins Licht: Gedenken, Erinnern, Strahlen“. Geplant sind Gespräche mit Zeitzeugen beiderseits der geschichtsträchtigen Brücke, außerdem Bilder und Filme aus jener Zeit.

Was mir besonders wichtig ist: Die Mauer fiel nicht von alleine, auch nicht durch Druck von außen. Sie fiel, weil Ungarn dafür mit der Grenzöffnung zu Österreich eine wichtige Voraussetzung schuf. Und sie fiel, weil in den späten Achtzigerjahren zigtausende Bürgerinnen und Bürger mit Mut, Courage und Unerschrockenheit die friedliche Revolution möglich gemacht haben. Diese Menschen haben unter größtem persönlichen Einsatz gehandelt, und sie haben nicht nachgelassen. Sie haben sich in schwierigen Zeiten nicht für einen leichten Weg des Mitmachens entschieden, sondern für eine Veränderung der Gesellschaft gekämpft.

Aus heutiger Sicht ist das ein beredtes Zeugnis, dass Einzelne in der Lage sind, Dinge zu verändern und Großes zu tun. Auch im Folgenden wäre ohne den persönlichen Einsatz der Potsdamerinnen und Potsdamer aber auch der auswärtigen Freunde der Stadt die gesamte Entwicklung seit 1990 kaum denkbar. Dafür möchten wir zum einen in den kommenden Wochen bedanken und an den Mut erinnern, ohne den Potsdam nicht das wäre, was es heute ist.

Ihr

Jann Jakobs