Kolumne der Woche: Einbürgerung leben

Oberbürgermeister Jann Jakobs
© Oberbürgermeister Jann Jakobs
Oberbürgermeister Jann Jakobs

16. November 2014

Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,

das Länderspiel der U20-Nationalmannschaft zwischen Deutschland und der Schweiz am vergangenen Freitag war eine gute Gelegenheit, über die schöne Tradition der Zuwanderung nach Potsdam nachzudenken. Unseren Schweizer Gästen habe ich die Geschichte der Schweizer Kolonisten erzählt, die 1685 mit 14 Familien aus Bern nach Nattwerder zogen.

Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm hatte sich darum bemüht, um nach dem 30-jährigen Krieg das entvölkerte Land wiederzubeleben. Sie legten das Golmer Luch trocken, bauten eine Kirche und ließen sich nieder. Ähnliche Geschichten gibt es über die französischen Hugenotten, die böhmischen Weber, die belgischen Katholiken bis zu den vietnamesischen Gastarbeitern in der neueren Zeit. Daran möchte ich erinnern, wenn wir in dieser Woche wieder ein Einbürgerungsfest begehen. Potsdam war immer eine tolerante, aufnahmefreundliche Stadt, in der sich eben viele verschiedene Einwanderergruppen integrierten.

Das Einbürgerungsfest ist ein neuer Bestandteil der Willkommenskultur in der Landeshauptstadt. Ich wünsche mir, dass es in den nächsten Jahren zu einer liebgewonnenen Tradition entwickelt wird. Das erste Fest dieser Art findet am Mittwoch, dem 19. November, im Potsdam Museum im Alten Rathaus statt, mehr als 200 Gäste werden erwartet. Es ist ein Fest für die Menschen und deren Angehörige, die in diesem Jahr in Potsdam die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben.

Mit dem Neuen Potsdamer Toleranzedikt aus dem Jahr 2008 haben wir die Tradition aus dem Edikt von Potsdam von 1685 fortgesetzt und in eine moderne Form gebracht. Mit dem Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ kam zusätzlich Leben in die praktische Arbeit. Toleranz ist daher eine täglich gelebte Aufgabe für uns alle. Der Schriftsteller Albert Camus hat einmal gesagt: „Es gibt keine Freiheit ohne gegenseitiges Verständnis.“ Genau darum geht es dabei. Ich möchte, dass wir dieses Bekenntnis in unserem täglichen Umgang miteinander pflegen.

Gerade jetzt, wo in Syrien, im Irak und in einigen afrikanischen Staaten Bürgerkriege ausgefochten werden, brauchen die Flüchtlinge nicht nur unsere Unterstützung, also praktische Hilfe, sondern auch ein Zeichen, dass sie hier willkommen sind. Bislang hat das gut geklappt. Und wenn hie und da auch Bedenken und Sorgen von Potsdamerinnen und Potsdamern aufkommen wegen der Suche nach Standorten für Flüchtlingsunterkünften, so müssen wir zwar ernst nehmen und uns darüber auseinandersetzen, aber immer auch deutlich machen, dass wir die Migranten bereitwillig bei uns aufnehmen. Wir integrieren sie auch, indem wir Sprachkurse und soziale Betreuung anbieten. Und wir werden auch nicht unser Integrationskonzept aufgeben, auf das wir stolz sind und weiterentwickeln werden. Jetzt aber kommt es erst einmal darauf an, den Flüchtlingen eine menschenwürdige Unterkunft zu geben. Helfen Sie mit! Unterstützen Sie uns! In Potsdam hat das Tradition.

Ihr

Jann Jakobs