Pressemitteilung Nr. 312 vom 16.06.2005 Oberbürgermeister Jann Jakobs zur Einweihung des Kaiserbahnhofes

„Ich freue mich, dass an diesem geschichtsträchtigem Ort auch weiterhin Bahngeschichte geschrieben wird. Mit der Ansiedlung der Akademie der Deutschen Bahn AG wurde eine Nutzung gefunden, die der nationalen Bedeutung des Bauwerkes entspricht. Den Planern und den Denkmalpflegern ist es gelungen, eine völlig neue Nutzung in das Empfangsgebäude und in die Bahnhofshalle zu integrieren, ohne das Erscheinungsbild dieses villenartigen Gebäudes im „english cottage“ Stil zu verändern. So blieb auch die Einbindung des villenartigen Bahn-hofempfangsgebäudes in die Parklandschaft des Neuen Palais ohne große Veränderungen erhalten.
Ganz besonders freut mich die detailgetreue Wiederherstellung der fast verlorengegangenen Innenausstattung des Kaisersaales, des Kaisertreppenhauses und des Gefolgesaales, die im spannungsreichen gelungenen Kontrast zu den modernen Akademiebereichen stehen.
Die Landeshauptstadt dankt allen, die tatkräftig geholfen haben, dieses bedeutende Denkmal zu retten und für die nachfolgenden Generationen zu erhalten.“

Zur Geschichte :

Der Kaiserbahnhof ist die vierte kaiserliche Hofstation im Bereich der Station Wildpark.
Auf Wunsch des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, dem späteren König Friedrich Wilhelms IV, wurde bereits 1847 eine hölzerne Zusteigestation für die königliche Familie gebaut.
Im Jahre 1858 wurde dann ein hölzernes Bahnhofgebäude im Stile der Neorenaissance errichtet. Hier waren Warteräume für die hochherrschaftlichen Gäste und den Hof bereitgestellt. Die Station Wildpark wurde 10 Jahre später bereits wieder abgebrochen, da die Strecke Potsdam – Magdeburg zweigleisig ausgebaut wurde.

Neben dem Bau eines neuen Empfangsgebäudes für die Öffentlichkeit, dem heutigen Bürgerbahnhof, wurde 1868/69 eine neue separate Zusteigestationen für den Hof errichtet. Diese „Kronprinzliche Einsteighalle“ aus Eisenkunstguss musste 1894 durch einen benachbarten Wartepavillon für das Gefolge erweitert werden. Beide kaiserlichen Pavillons lagen am Ende der Lindenallee als direkte Verbindung zum Neuen Palais. Beide Pavillons genügten nicht mehr dem starken Hofverkehr und entsprachen nicht dem Repräsentationsbedürfnis des Kaiserhauses, insbesondere bei Staatsbesuchen.

Die mittlerweile viergleisige Bahnstrecke an der Station Wildpark hatte durch die Einrichtung der Schnellbahnverbindung Paris - Moskau an Bedeutung gewonnen. Der kreuzungsfreie Verkehr von Straße und Bahn im Bereich der Station Wildpark wurde ab 1904 durch die Aufschüttung des Bahndammes möglich. Eine neue auf dem Bahndamm gelegene Zusteigestation für den Hof war nun dringend erforderlich.

Der Neubau einer neuen kaiserlichen Station wurde nun von der königlichen Eisenbahndirektion im Auftrag des Hofes vorangetrieben. Der Kaiser wünschte eine schnelle Anbindung an die Hauptstadt. Durch seine Oberhofmarschall ließ er verkünden, „man wünsche einen modernen Bahnhof, der im english - cottage Stile zu projektieren sei“. Der vom Kaiserhaus beauftragte Ober Hofbaurat Ernst Eberhard von Ihne verstand es vorzüglich, die mächtige Bahnhofhalle auf dem Bahndamm durch die Anbindung eines villenartig anmutenden Empfangsgebäudes in der Wirkung zu reduzieren. Mit der parkartigen Gestaltung der unmittelbaren Umgebung des Bahnhofes band er die gesamte Anlage in die Parklandschaft des Neuen Palais ein. Nach dreijähriger Bauzeit und mit dem Einwand der sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die Kosten für den Bahnhof mit Aufmöblierung von 188000 Mark seien zu teuer, wurde der Kaiserbahnhof im Oktober 1909 eingeweiht.

Der Bahnhof stand für den Hofbetrieb bis 1918 zur Verfügung, letztmalig zur Beerdigung der Kaiserin Victoria Auguste im Jahre 1922. Nach 1945 benutzte die russische Besatzungsmacht den Bahnhof kurzfristig. Wegen unterlassenem Bauunterhalt sollte die Bahnhofhalle 1961 abgebrochen werden. Die Stadt kaufte das Empfangsgebäude für einen symbolische Kaufpreis und sanierte es für 1,4 Millionen DM und richtete ein Jugendmusiklokal ein.
Der Kaiserbahnhof wurde 1977 in die Denkmalliste des Bezirkes Potsdam aufgenommen und der gesamte Baukomplex wurde im selben Jahr wegen Einsturzgefahr baupolizeilich gesperrt. Der Verfall schritt weiter fort und das Gebäude verlor durch Vandalismus und Diebstähle große Bestandteile der bis dahin noch vorhandenen Innenausstattung.
Die Einhausung des Bahnhofes1990 waren dann endlich erste Schritte der Deutschen Bahn AG, die ungeliebte Immobilie zu retten.