Pressemitteilung Nr. 106 vom 16.02.2012 Umweltabhängige Verkehrssteuerung in Potsdam: Preiswert, sinnvoll, effektiv, innovativ und alternativlos

Der Baubeigeordnete Mathias Klipp weist die Anschuldigungen von Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Katherina Reiche bezüglich der umweltabhängigen Verkehrssteuerung in Potsdam entschieden zurück. Im Jahr 2011 wurden in Potsdam die gesetzlichen Grenzwerte für Feinstaub (PM10) und auch für Stickstoffdioxid (NO2) in der Großbeerenstraße und Zeppelinstraße nicht eingehalten.

Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und zur Vermeidung der Grenzwertüberschreitungen wurde im Jahr 2007 vom brandenburgischen Umweltministerium (heute MUGV) zu Zeiten einer SPD-CDU-Koalition ein Luftreinhalte- und Aktionsplan für Potsdam erarbeitet und im Jahr 2008 von der Stadtverordnetenversammlung Potsdam beschlossen. Der Baubeigeordnete Matthias Klipp sagte dazu: „Es ist mir völlig unverständlich, wieso Frau Reiche die Umsetzung von Gesetzen kritisiert, an denen sie selbst mitgewirkt hat und für die sie fachlich zuständig ist. Aufgrund bisher genehmigter ‚Ausnahmeregelungen‘ müsste Sie für eine härtere Gangart bei der Einhaltung der Grenzwerte für Luftschadstoffe auch in Potsdam eintreten."

Im Luftreinhalte- und Aktionsplan wurden die Zusammenhänge zwischen Verkehrsbelastung und Schadstoffbelastung durch Feinstaub und Stickstoffdioxid in einer Ursachenanalyse für Potsdam umfänglich betrachtet.

Die Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Belastung ist vornehmlich ein Ergebnis des motorisierten Straßenverkehrs. Feinstaub steigt vor allen als Dieselruß und als Reifen- oder Bremsabrieb in die Luft. Für die ebenfalls gesundheitsschädlichen Stickstoff- und Kohlendioxide sind vor allem die Verbrennungsvorgänge in den Automotoren verantwortlich. Wer also etwas gegen die Schadstoffe in der Luft unternehmen will, der muss Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl und das Verkehrsverhalten nehmen.
Bei Feinstaub (PM10) ist die Dominanz des regionalen Hintergrunds mit über 60 % deutlich. Die lokale Zusatzbelastung (Verkehrsanteil) macht fast 30 % der Gesamtbelastung im Jahresmittel aus, während der urbane Anteil (Kleinfeuerungsanlagen, Industrie etc.) mit knapp 10% eine untergeordnete Rolle spielt.

Bei Stickstoffdioxid hingegen zeigt sich, dass der regionale Hintergrund nur zu 20 % zur Gesamtbelastung beiträgt. Der urbane Anteil beträgt gut 30 %, während die lokale Zusatzbelastung (der Verkehrsanteil) mit fast 50 % die Stickstoffdioxid-Gesamtbelastung dominiert. Betrachtet man alle Stickoxide als Summe aus Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2) verschieben sich die Anteile deutlich zur lokalen Zusatzbelastung mit
70 %. Der urbane mit 18 % und der regionale Hintergrund mit 12 % spielen eine untergeordnete Rolle. Durch chemische Prozesse in der Luft entsteht aus Stickstoffmonoxid dann Stickstoffdioxid. „Das Problem der Stickoxide hat Frau Reiche offenbar völlig übersehen", sagte Klipp.

Als geeignete Maßnahme zur Grenzwerteinhaltung wurde im Luftreinhalte- und Aktionsplan die jetzt in der Umsetzung befindliche umweltorientierte Verkehrssteuerung empfohlen. Die Umsetzung wird durch das MUGV mit Geldern aus dem Europäischen Fond für regionale Entwicklung gefördert.

Ziel ist, durch Verflüssigung des Verkehrs den verkehrsbedingten Schadstoffausstoß aufgrund häufiger Brems- und Anfahrvorgänge zu verringern. Dadurch können die lokale Zusatzbelastung von Feinstaub (ca. 30 %) und Stickstoffdioxid (ca. 50 %) verringert und die Grenzwerte eingehalten werden.

Für dieses in Deutschland einmalige System hätte man auch andere Lösungen finden können. Auch die Reduzierung der Geschwindigkeit auf Tempo 30 auf den stark befahrenen Straßen oder die Einführung der Umweltzone standen zur Auswahl. Die Einrichtung einer Umweltzone hätte erhebliche Schwierigkeiten für den Wirtschafts- und Versorgungsverkehr bedeutet. Der Erhalt der Mobilität und die Förderung des Umweltverbundes bleiben verkehrspolitisches Ziel in Potsdam und werden durch das innovative System der umweltabhängigen Verkehrssteuerung gesichert.