Pressemitteilung Nr. 95 vom 20.02.2013 Mehr als 300.000 Objekte in wissenschaftlichen Sammlungen

Die UN-Dekade der Biodiversität als Herausforderung für das Naturkundemuseum Potsdam
Der Bestand der wissenschaftlichen Sammlung des Naturkundemuseums Potsdam ist dank zahlreicher Neuerwerbungen und Schenkungen im vergangenen Jahr über 300.000 Objekte angestiegen. Einen entsprechenden Überblick über die Sammlung gaben am Mittwoch der Leiter des Naturkundemuseums Potsdam Dr. Detlef Knuth gemeinsam mit der Beigeordneten für Bildung, Kultur und Sport Dr. Iris Jana Magdowski. "Die Sammlungen des Naturkundemuseums Potsdam vermitteln das Naturerbe der Landes Brandenburg. Ihre Pflege, ihre Erforschung sowie ihre Bereitstellung und Präsentation sowohl für den Wissenschaftler als auch für Kinder, Jugendliche und umweltinteressierten Bürger sind die Kernaufgabe der naturwissenschaftlichen Museumsarbeit", sagte die Beigeordnete. Das Museum hat sich der UN-Dekade der Biodiversität 2011-2020 verschrieben, einem Programm der Vereinten Nationen zur Propagierung des weltweiten Schutzes der biologischen Vielfalt. "Als Archive der Natur geben wir mit unserer Arbeit Auskunft über Entwicklung der Tierwelt Brandenburgs in Vergangenheit und Gegenwart, und Antwort auf die Fragen zukünftiger Veränderungen", sagte Dr. Detlef Knuth. Beide dankten am Mittwoch Werner Gottschalk für seine Arbeit in den vergangenen 40 Jahren am Naturkundemuseum der Stadt Potsdam.

Werner Gottschalk, heute dienstältester Mitarbeiter des Museums und seit 2001 stellvertretender Museumsleiter, hat wesentlich die Entwicklung des Naturkundemuseums Potsdam mitbestimmt. "Letztendlich hat er mit seiner Arbeit als Leiter der Präparationswerkstatt den Grundstein für die heutigen ästhetischen Präparate des Naturkundemuseums gelegt", sagte Dr. Magdowski. Sie zeigte sich erfreut über das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Entwicklung des Museums im vergangenen Jahr, in dem es zahlreiche Neuerwerbungen und Schenkungen gab. Ein bedeutender Zugang war die Übernahme der Sammlung Lehmann. Lutz Lehmann (1963-2011) war Lehrer und leidenschaftlicher Entomologe. Nach seinem tragischen Tod konnte das Naturkundemuseum Potsdam seine Sammlung mit einem Umfang von 55.000 Tag- und Nachtfaltern, überwiegend aus der heimischen und westpaläarktischen Schmetterlingsfauna, übernehmen. Mit der Sammlung Lehmann konnten die vorhandenen Artengruppen des Naturkundemuseums Potsdam ergänzt werden. Außerdem enthält die Sammlung auch Arten aus Nordafrika, Mittelasien, dem Nahen und Mitteleren Ost sowie aus Nordamerika. Sie ist damit eine wichtige Vergleichs- und Forschungssammlung des Museums.

Ein Schwerpunkt in der Säugetiersammlung ist die Dokumentation der Wolfsbestände in Brandenburg. Als Bestandteil des Wolfsmanagementplans sammelt und dokumentiert das Naturkundemuseum Potsdam die Todfunde von Wölfen. Allein 2012 kamen fünf Wölfe im brandenburgischen Straßenverkehr ums Leben. Drei Männchen in Potsdam-Mittelmark und zwei Weibchen in Teltow-Fläming. Ein weiteres - allerdings schon recht altes - Weibchen wurde in Teltow-Fläming gefunden. Dieses Tier ist nach umfangreichen Analysen am IZW (Institut für Zoo- und Wildtierforschung Berlin) wahrscheinlich eines natürlichen Todes gestorben. Von den Tieren werden Schädel, Skelett und - je nach Konstitution - Haut und Fell oder nur die Haare konserviert und aufbewahrt. Für spätere Analysen werden DNA-Proben genommen. Gut erhaltene Felle, wie das des Spremberger Weibchens, werden für Ausstellung und Lehrzwecke präpariert. Diese Belege und die mit ihnen verbundenen Daten sind sehr wertvoll für die Dokumentation der Wolfsausbreitung in Brandenburg und bilden die Grundlage für weitere Forschung. Auch in weiteren Artenschutzprojekten, die in Kooperation mit dem Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) durchgeführt werden, gab es Zuwächse. Hierbei handelt es sich um Biber und Fischotter, die größtenteils ebenfalls im Straßenverkehr ums Leben kamen. Auch hier dokumentiert das Museum die weitere Entwicklung der Arten in Brandenburg.

Ein Wiederansiedlungsprogramm für den Stör hat das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei Berlin Mitte der 90er Jahre gestartet. Der Stör gilt als "lebendes Fossil". Seine Spuren reichen bis in die Zeit der Dinosaurier zurück. Seit Anfang der Siebzigerjahre galt der Stör im Land Brandenburg als ausgestorben. An der Oder und im Einzugsgebiet der Elbe laufen seit einigen Jahren Wiederansiedlungsprogramme für die Störarten Acipenser oxyrinchus und Acipenser sturio. Beide Arten sollen wieder heimisch werden. Zwei prächtige Präparate von Acipenser oxyrinchus (Baltischer Stör) und von Acipenser gueldenstaedtii (Russischen Stör) kann das Naturkundemuseum Potsdam präsentieren. Drei lebende Exemplare der Art des Sibirischen Störs sind im Aquarium "Fische Brandenburgs" zu sehen. Ob das Projekt der Wiederansiedlung in Brandenburg gelingt, kann nicht garantiert werden. Die Mittel für die Präparierungsleistungen in Höhe von 700 Euro wurden dem Naturkundemuseum Potsdam von der Gesellschaft zur Rettung des Störs e.V. zur Verfügung gestellt.

Auch die Vogelsammlung verzeichnet mehrere bemerkenswerte Neuzugänge. So das Präparat einer Kolbenente, ein in Brandenburg seltener Brutvogel, und das Präparat eines Waldrapps, ein Ibisvogel, der in Europa als ausgerottet gilt und wieder angesiedelt wird. Durch den Verlust ihres Lebensraumes, insbesondere durch die Zerstörung von Schilfbeständen oder Entwässerung, ist die Rohrdommel stark gefährdet. Auch Freizeitaktivitäten an vielen Gewässern haben sich katastrophal auf den Bestand in Brandenburg ausgewirkt, da Rohrdommeln extrem störempfindlich sind.